Unter Hinweis auf Kant, Schelling und Hegel vertritt Hans Jörg Sandkühler seine These, dass die deutsche idealistische Philosophie in praktischer Absicht formuliert wurde, auf geschichtlichen Fortschritt zielte und darin ihre philosophische Wirkungsmacht entfaltete. In seiner textorientierten und werkchronologischen Argumentation verknüpft er frühere, seit den 1970er‑Jahren verfasste Studien mit neuen Beiträgen, die insbesondere die Philosophie Schellings würdigen. Den Grundtenor und den Wandel in Schellings politischem Denken im Kontext der Revolutionen von 1789, 1830 und 1848 benennt Sandkühler als „gegen‑revolutionär und zugleich antiutopisch“. Schelling formuliere „zunächst das theoretische Plädoyer für radikale Subjektivität und Individualität, für die Rechte des Ich gegen die Objektivität des wirklichen revolutionären Prozesses“, später verfechte er „radikal die Objektivität der Rechte des (absoluten) Seins gegen die Subjektivität revolutionärer Politik.“ (205) Mit einer Annäherung an die Schelling‘sche Geschichtsphilosophie verbindet Sandkühler in den Hauptkapiteln die Erkenntnistheorie mit dem politischen Denken Kants, Schellings und Hegels. Dies schließt den Rückblick auf Bacon und Hume in gleicher Weise ein wie die Fortentwicklung bei Schopenhauer, Feuerbach oder Marx. Während in der heutigen normativen Rekonstruktion der idealistischen Klassiker mitunter auch nur die Entwicklung moderner Gerechtigkeitsordnungen im Vordergrund liegt, liest Sandkühler den deutschen Idealismus als wechselseitige philosophische Interaktion in der kulturellen Entwicklung des gesamteuropäischen Denkens.