In der Auseinandersetzung mit neoinstitutionalistischen Ansätzen zur Klassifizierung autokratischer Herrschaftssysteme plädieren Uwe Backes und Steffen Kailitz – beide am Dresdner Hannah‑Arendt‑Institut für Totalitarismusforschung (HAIT) tätig – für eine stärkere Berücksichtigung legitimatorischer Aspekte von Herrschaft und Machtausübung in solchen Regimen. Sie schlagen dafür eine Wiederaufnahme des Begriffs der Ideokratie vor, definiert über eine „utopische Herrschaftslegitimation“ (9) und den Versuch, diese Utopie auch umzusetzen. Die Ebene der Legitimation wird dabei ins Verhältnis zum Ausmaß von Repression und Kooptation in den untersuchten Regimen gesetzt. Gleichzeitig soll so eine präzisere Einordnung als mit dem Totalitarismusbegriff ermöglicht werden. Als Beispiele dienen das nationalsozialistische Deutschland, das faschistische Italien und die kommunistischen Staaten Sowjetunion, China, Kuba, Nordkorea und DDR, die in einzelnen Fallstudien untersucht werden. Zuvor geht es in fünf Beiträgen um begriffsgeschichtliche und konzeptualisierende Ansätze. Anschließend folgen wiederum fünf Aufsätze, die Vergleichsaspekte thematisieren. Eine inhaltliche Klammer bilden mehrere von den Herausgebern aufgestellte Grundthesen, die von den 14 weiteren Autoren in unterschiedlichem Maße aufgegriffen werden. In einem resümierenden Beitrag werden sie angepasst und präzisiert. Demnach können sich ideokratische Regime gewisse Mängel in den Bereichen von Kooptation und Performanz erlauben, solange „Eliten und Massen […] an die ideologischen Verheißungen glauben“ (397). Versuche von Verstärkungen in diesen beiden Bereichen, aber auch der Einsatz von Repressionen erscheinen gleichermaßen als Handlungsalternativen bei einem Legitimitätsverlust, ohne zwangsläufig einer zeitlichen Abfolge zu gehorchen. Die Beiträge gehen auf eine Tagung im September 2011 zurück. Sieben von ihnen (mithin fast die Hälfte) wurden bereits in Heft 1/2012 der Zeitschrift Totalitarismus und Demokratie des HAIT veröffentlicht, worauf im Band nicht hingewiesen wird.