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/ 10.12.2015
Angela van der Goten

Im Gespaltenen Zauberland. Oswald Spengler und die Aneignung des Fremden. Versuch einer interdisziplinären Deutung

Heidelberg: Universitätsverlag Winter 2015 (Heidelberger Abhandlungen zur mittleren und neueren Geschichte 23); 592 S.; geb., 65,- €; ISBN 978-3-8253-6411-3
Politikwiss. Diss. Heidelberg; Begutachtung: D. Junker, K. R. Spillmann. – Oswald Spengler ist seit den frühen 1990er‑Jahren (wieder) einem breiteren Publikum bekannt geworden, dient er doch – neben Arnold Toynbee – als Referenz für den von Samuel P. Huntington postulierten Kampf der Kulturen. Mit „Der Untergang des Abendlandes“ (1918) hatte Spengler eine düstere Vision gezeichnet, in der die Menschen über ihre Kulturleistungen typologisiert und nach ihrer (biologischen) Wertigkeit in Reifegrade und Kulturstufen katalogisiert werden. Über den Diffusionismus ist viel geschrieben worden, die Person Oswald Spengler blieb dagegen merkwürdig unscharf. Von daher betritt Angela van der Goten, im Hauptberuf mittelständische Geschäftsführerin, Neuland, wenn sie von ihrem interdisziplinär gehaltenen Ansatz aus Spengler einer psychologischen Betrachtung unterzieht. Um ihre These einer Borderline‑Störung Spenglers untermauern zu können, arbeitet die Autorin erst einmal die interdisziplinären Grundlagen, sprich das Krankheitsbild, heraus. Da van der Goten analytisch auf Friedrich Nietzsches Weltsicht zurückgreift und zudem die pietistische Werthaltung Spenglers berücksichtigt, kann sie auf Analogien verweisen, die Spenglers Werk nicht in einem neuen, wohl aber verständlicheren Licht erscheinen lassen. So liegt der eigentliche Wert dieser Arbeit in der Annäherung an eine gespaltene Persönlichkeit, die durch die prägenden Erfahrungen der Kindheit und Jugendjahre schon in der Dissertation Spenglers aufscheint. Der Logos als Maß der Dinge und als dunkles Schicksal gleichermaßen werden zu bestimmenden Elementen eines Lebensweges, der Spengler zunehmend innerlich vereinsamen lässt. Von daher mündet diese Untersuchung in das Hauptwerk Spenglers, wobei die Autorin insbesondere dessen Kulturbegriff nachspürt. Dass dabei auch Spenglers ambivalentes Frauenbild zur Sprache kommt, erscheint schlüssig. Hingegen werden die Folgewirkungen des Werkes – etwa dessen Aufnahme in das nationalsozialistische Gedankengut – von der Autorin eher zurückhaltend bewertet. Spengler polarisiert in der Tat bis heute, etwas mehr politiktheoretische Analyse wäre aber sinnvoll gewesen.
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Rubrizierung: 5.462.3 Empfohlene Zitierweise: Martin Schwarz, Rezension zu: Angela van der Goten: Im Gespaltenen Zauberland. Heidelberg: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/39175-im-gespaltenen-zauberland_47370, veröffentlicht am 10.12.2015. Buch-Nr.: 47370 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
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