In diesem Sammelband geht es in international vergleichender Perspektive um den Beitrag der Arbeiterbewegung zu diversen gesellschaftlichen Transformationsprozessen. „Auf welche Erfolge und Grenzen“, so fragen die Herausgeber in ihrem einleitenden Beitrag, „können Arbeiterbewegungen zur Mitte des zweiten Jahrzehnts im 21. Jahrhundert zurückschauen?“ (11) Mit Blick auf diese eher historisch akzentuierte Fragestellung werden drei Themenbereiche exemplarisch analysiert: die Sozial‑ und die Kulturpolitik sowie die Rolle der Arbeiterbewegung selbst. Uwe Fuhrmann zeigt in seinem Aufsatz den Beitrag der Arbeiterbewegung zur Entwicklung des Konzepts der sozialen Marktwirtschaft auf. Seine diskursanalytische Perspektive mündet in eine Relativierung des Narrativs, dem zufolge Ludwig Erhard der „Vater“ dieses Wirtschaftsmodells gewesen sei. Stattdessen seien massive Proteste nach dem Beschluss der Währungsreform in der zweiten Jahreshälfte 1948 mit ausschlaggebend für die soziale Abfederung der als „freie Marktwirtschaft“ (58) konzipierten Wirtschaftsordnung gewesen. Einen Blick in den Kinosaal wirft Stefan Moitra in seinem Beitrag. Das Spannungsfeld zwischen „Volksbildung und Eskapismus“ (102) bietet dabei genug Angriffspunkte für kulturpolitische Interventionen der Arbeiterparteien und der Gewerkschaften. Wie kann das neue, für breite Bevölkerungsschichten attraktive Medium – das noch dazu kapitalistisch organisiert ist – im Interesse der Arbeiterschaft genutzt werden? Moitra kommt zu dem Schluss, dass lediglich eine Kontrolle der Kinobetriebe selbst eine inhaltliche Einflussnahme erlaubte – was allerdings, wie etwa in Wales oder im Ruhrgebiet, nur in wenigen Fällen tatsächlich flächendeckend gelang. Bruno Groppo schließlich fragt nach der sozialpolitischen Wirksamkeit der lateinamerikanischen Arbeiterbewegung und unterstreicht deren massive Beteiligung – im Zusammengehen mit populistischen Bewegungen – am Auf‑ und Ausbau sozialstaatlicher Strukturen. Die in diesem Band versammelten deutsch‑ und englischsprachigen Beiträge gehen zurück auf die 48. Linzer Konferenz der International Conference of Labour and Social History, die im September 2012 stattgefunden hat.