/ 07.11.2013
Europäisches Zentrum für Föderalismus-Forschung Tübingen (Hrsg.)
Jahrbuch des Föderalismus 2012. Föderalismus, Subsidiarität und Regionen in Europa
Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2012 (Jahrbuch des Föderalismus 2012 13); 500 S.; geb., 99,- €; ISBN 978-3-8329-7832-7Das Standardwerk „Jahrbuch des Föderalismus“ liefert Jahr für Jahr in seiner gleichen Grundstruktur einen guten Überblick über die Themen der aktuellen Forschung. Neben den Beiträgen zum deutschen Föderalismus sind vor allem die europäischen Länderberichte von besonderem Wert. Verdienstvoll ist es außerdem, dass nun auch englischsprachige Artikel zur Situation in außereuropäischen Föderalstaaten aufgenommen werden. Damit wird der Gefahr in der deutschen Föderalismusforschung, sich im Klein‑Klein spezifischer Nischen/index.php?option=com_content&view=article&id=41317 zu verlieren, vorgebeugt. Entsprechend hält Roland Sturm auch der deutschen Forschungsdebatte den Spiegel vor, indem er in fundierter Weise grundlegende Desiderate aufzeigt. Dazu zählen aus seiner Sicht der zu geringe internationale Vergleich – gerade in Hinblick auf Föderalisierungstendenzen in Entwicklungs‑ und Schwellenländern – sowie die zu wenig beachtete Analyse informeller Dezentralisierungsprozesse. Die Föderalismusforschung müsse ihren vergleichenden „Jäger und Sammler‑Status“ hinter sich lassen, nicht mehr so viele Sammelbände produzieren und stattdessen die eigenen Anstrengungen mehr mit anderen „Forschungskontexten“ (107), wie der Parteien‑, Identitäts‑ und Konfliktforschung, verbinden. Mit nur zwei Beiträgen wird die Finanz‑ und Wirtschaftskrise erstaunlich stiefmütterlich behandelt. Stattdessen werden Fragen des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags sowie des Jagdwesens problematisiert, die vor allem die Föderalismuskommission I beschäftigt haben – zwei Themen, die hinreichend Auskunft über den Zustand deutscher Landesstaatlichkeit geben. Insofern ringt Arthur Benz mit seinen Überlegungen zur Frage einer möglichen Länderneugliederung einem der in jeder Reformdebatte wieder neu aufgewärmten Dauerbrenner zumindest neue demokratietheoretische Argumente ab. Sein Urteil ist dabei eindeutig: „Räume einer derart geordneten Kooperation“ wie in der Bundesrepublik „sollten nach Möglichkeit bestehende Länder nicht zerschneiden, weil dies die demokratischen Verfahren erheblich komplizierter machen würde“ (37). Lesenswert sind darüber hinaus die Berichte zu europäischen Staaten, die nicht als Föderalstaaten klassifiziert werden können. Denn gerade in Ungarn, der Tschechischen Republik und Russland werden – unter dem Deckmantel von Selbstverwaltungsreformen – neue Formen von Zentralisierung sowie grundlegende Legitimationsdefizite erkennbar, die kein gutes Licht auf die Demokratiequalität dieser Staaten werfen.
Henrik Scheller (HS)
Dr. phil., Dipl.-Politologe, wiss. Mitarbeiter, Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät, Lehrstuhl Politik und Regieren in Deutschland und Europa, Universität Potsdam.
Rubrizierung: 2.21 | 5.41 | 2.325 | 3.1 | 3.5 | 2.61 | 2.5 | 2.343
Empfohlene Zitierweise: Henrik Scheller, Rezension zu: Europäisches Zentrum für Föderalismus-Forschung Tübingen (Hrsg.): Jahrbuch des Föderalismus 2012. Baden-Baden: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/36367-jahrbuch-des-foederalismus-2012_43092, veröffentlicht am 07.11.2013.
Buch-Nr.: 43092
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Dr. phil., Dipl.-Politologe, wiss. Mitarbeiter, Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät, Lehrstuhl Politik und Regieren in Deutschland und Europa, Universität Potsdam.
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