/ 20.06.2013
Hermann Weber / Ulrich Mählert / Bernhard H. Bayerlein / Horst Dähn / Bernd Faulenbach / Jan Foitzik / Ehrhart Neubert / Manfred Wilke (Hrsg.)
Jahrbuch für Historische Kommunismusforschung 2005. Enthält: The International Newsletter of Communist Studies XI (2005), no 18. Hrsg. im Auftrag der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur
Berlin: Aufbau-Verlag 2005; 464 S.; 75,- €; ISBN 3-351-02685-4Die russische Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg ist eines der zentralen Themen des Jahrbuchs 2005. In seinem einleitenden Beitrag fragt Bernd Bonwetsch, Gründungsdirektor des Deutschen Historischen Instituts in Moskau, nach den damaligen Auswirkungen des Krieges auf die Sowjetunion sowie nach dessen heutiger Wahrnehmung. In Russland dominiere eine aus der „Siegerperspektive geschriebene Historiographie“ (19), kritisiert er, in der die Frage verharmlost werde, wie viele der sowjetischen Soldaten und Zivilisten nicht den Deutschen zum Opfer gefallen, sondern skrupellos vom eigenen Regime preisgegeben worden seien. Der Länderschwerpunkt ist diesmal Südosteuropa gewidmet, es geht u. a. um einen stalinistischen Schauprozess in Rumänien 1951 und die Familienpolitik im sozialistischen Bulgarien. In einer der beiden biografischen Skizzen porträtiert Ulrich Mählert einen überzeugten Kommunisten, der den Nationalsozialismus überlebte und dann in die Mühlen der SED-Bürokratie und ihrer „Säuberungen“ geriet – was zwar keine Lebensbedrohung darstellte, aber exemplarisch zeigt, wie die Diktatur aus einem bizarren Selbsterhaltungstrieb heraus ihre überzeugten Unterstützer opferte. Thematisch aufgefächert wird dieser Band außerdem durch einen Beitrag Gerd Koenens. Er verweist auf die Vielschichtigkeit in der Entstehungsgeschichte der linken Gewalt im Westen und argumentiert damit gegen eine allzu platte Einordnung Dutschkes in die Vorgeschichte der RAF. Dutschke sei „zu diesem leeren Existentialismus und blinden Aktionismus“ (338) der RAF-Terroristen nicht bereit und nicht fähig gewesen. Sein Beitrag und dessen Aufnahme in diesen (wie immer insgesamt sorgfältig zusammengestellten) Band zeigen übrigens auch, wie sehr die Studenten- und Bürgerrechtsbewegung der Sechzigerjahre bereits der Historisierung anheim gefallen ist (Jahrbuch 2004 siehe ZPol 2/05: 485, Buch-Nr. 25472).
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.25 | 2.313 | 2.314 | 2.3 | 2.62 | 2.61 | 2.4 | 4.22
Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Hermann Weber / Ulrich Mählert / Bernhard H. Bayerlein / Horst Dähn / Bernd Faulenbach / Jan Foitzik / Ehrhart Neubert / Manfred Wilke (Hrsg.): Jahrbuch für Historische Kommunismusforschung 2005. Berlin: 2005, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/25608-jahrbuch-fuer-historische-kommunismusforschung-2005_29706, veröffentlicht am 25.06.2007.
Buch-Nr.: 29706
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Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
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