Diss. Tübingen; Gutachter: A. Doering-Manteuffel, D. Beyrau, U. Sautter. - Auf seinem Sterbebett soll Becher den Tag verflucht haben, an dem er in die Kommunistische Partei eingetreten war - eine späte Reue nach langen Jahren der geradezu sklavischen Unterordnung unter die Parteidisziplin, wie der Historiker Behrens in dieser Biografie beschreibt. Becher, von 1954 bis zu seinem Tod 1958 der erste Kulturminister der DDR, war in bürgerlichen Verhältnissen aufgewachsen, wurde drogenabhängig und erwarb sich in der Weimarer Zeit einen Namen als expressionistischer Dichter. Behrens schildert den Weg Bechers in die KPD, die seinem Streben nach einem antibürgerlichen Leben einen festen Halt gegeben und für sein finanzielles Auskommen gesorgt habe. Becher stellte die Literatur in den Dienst der Politik, wurde Parteifunktionär und emigrierte nach Paris und Moskau. Drei Viertel der deutschen Emigranten seien dort dem inneren Terror zum Opfer gefallen - warum gerade Becher überlebte, ist aus Sicht des Autors nicht schlüssig zu erklären. Vielleicht habe es an Bechers Vermögen gelegen, sich grenzenlos naiv zu stellen. Nach Kriegsende wurde Becher in den inneren Führungszirkel berufen, aus dem die spätere Staats- und Parteispitze der DDR hervorging. Becher habe die ersten kulturpolitischen Grundsätze der DDR mitgeprägt, anfangs noch mit der Absicht, ein zumindest kulturell ungeteiltes Deutschland zu erhalten. Als die SED einen anderen Weg eingeschlagen habe, habe sich Becher wieder einmal untergeordnet und sich damit die restlichen Sympathien bei westdeutschen Schriftstellern verscherzt. Becher sei an seinem Lebensende ein Minister ohne Einflussmöglichkeiten gewesen, der „sein Sprachtalent durch die biedere Kunstdoktrin des sozialistischen Realismus jahrelang vergewaltigt und schließlich zugrunde gerichtet hatte" (248).