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/ 04.06.2013
Arthur L. Smith, Jr.

Kampf um Deutschlands Zukunft. Die Umerziehung von Hitlers Soldaten. Mit einer Einführung von Hans-Adolf Jacobsen

Bonn: Bouvier Verlag 1997; 280 S.; geb., 49,80 DM; ISBN 3-416-02722-1
Kann eine im Krieg siegreiche Nation das politische Denken ihrer feindlichen Gefangenen durch einen Umerziehungsprozeß verändern? Und kann sie dann diese "Absolventen" als eine Art Vorhut verwenden, um den besiegten Staat für eine bestimmte Regierungsform zu beeinflussen? Die Vereinigten Staaten, Großbritannien und Rußland haben genau dies mit ihren Umerziehungsprogrammen (1943-1949) deutscher Kriegsgefangener versucht. Smith legt erstmals eine vergleichende Analyse der Erziehungsexperimente der drei Alliierten vor und bedient sich dazu bisher unbekannten Quellenmaterials: Ein wesentlicher Teil der Untersuchung basiert auf Gesprächen, die der Autor mit zahlreichen Teilnehmern an Umerziehungskursen in allen drei Ländern führen konnte, und auf Briefen und Dokumenten von ehemaligen deutschen Soldaten. Die "Bekehrung der Barbaren" fiel insgesamt erstaunlich human aus. Einig waren sich die Alliierten zunächst in der Notwendigkeit der Entnazifizierung. Die Ziele der umfassenden Bildungsprogramme gingen jedoch auseinander: Während man in den USA auf bewußtseinsbildende Erziehung zur Demokratie und auf die eigene Vorbildrolle setzte, glaubte die sowjetische Führung, in der sog. Antifa das geeignete Instrument zu besitzen, um deutsche Kriegsgefangene schon während des Krieges als "Bundesgenossen" gegen das Hitler-Regime anzuwerben und später für die kommunistische Umgestaltung ihrer Besatzungszone einsetzen zu können. Smith ist es gelungen, die Quellenaussagen auf spannende und mitreißende Weise in seine differenzierte Untersuchung einzubinden. Schwächer wird die Arbeit in der Analyse der Langzeitwirkung der Umerziehung. Ohne klare Kriterien für einen zugegebenermaßen schwer zu ermittelnden "Erfolgsquotienten" der Reeducation bleibt es bei der etwas lapidaren Feststellung, daß zur Durchsetzung der Demokratie im Westen (und ihrem endgültigen Sieg in ganz Deutschland) die Umerziehung "sicherlich etwas beigetragen" (235) habe. Ebenso fraglich ist auch, ob man "die Gründung der DDR durch die Sowjets als Erfolg für die Umerziehung bezeichnen" (237) kann. Dennoch insgesamt ein beachtlicher und äußerst lesenswerter Beitrag zur Anfangsgeschichte des "Kalten Krieges".
Claudia Bruns (CB)
Dr., Historikerin.
Rubrizierung: 2.3132.3122.35 Empfohlene Zitierweise: Claudia Bruns, Rezension zu: Arthur L. Smith, Jr.: Kampf um Deutschlands Zukunft. Bonn: 1997, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/4119-kampf-um-deutschlands-zukunft_5826, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 5826 Rezension drucken
CC-BY-NC-SA