/ 18.06.2013
Stefan Meining
Kommunistische Judenpolitik. Die DDR, die Juden und Israel. Mit einem Vorwort von Michael Wolffsohn
Hamburg: Lit 2002 (Diktatur und Widerstand 2); V, 562 S.; brosch., 40,90 €; ISBN 3-8258-5470-1Geschichtswiss. Diss. Universität der Bundeswehr München; Gutachter: M. Wolffsohn. - Jahrzehntelang verbreitete die DDR die gleiche Botschaft, dass sie nämlich als der bessere der beiden deutschen Staaten klar gegen Krieg, Faschismus und Antisemitismus eintrete. Vor dem Hintergrund der Erfahrung des Nationalsozialismus war die Ost-Berliner Führung mit dem Anspruch angetreten, sie wolle dem Antisemitismus den Boden entziehen. Doch die Politik der Einheitspartei pflegte eine andere Sprache: Wüste Hetzkampagnen gegen "zionistische Kosmopoliten" im Zuge von Stalins berüchtigtem Ärzte-Prozess, brachialer Widerstand gegen materielle "Wiedergutmachung" und eine allgemeine Stimmung, die allein bis zum Frühjahr 1953 über 500 Juden zur Flucht nach West-Berlin trieb. Beispielhaft für diese Politik ist der Fall des hohen SED-Funktionärs Paul Merker, der sich - wenn auch unter Beibehaltung antikapitalistischer Rhetorik - für "Wiedergutmachung" aussprach und dafür inhaftiert und gefoltert wurde. Die DDR weigerte sich jedoch nicht nur, Wiedergutmachung zu leisten, sondern rüstete gleichzeitig unter dem Deckmantel absoluter Geheimhaltung die arabischen Staaten mit modernstem Kriegsgerät aus. Der Autor nimmt diesen Widerspruch zwischen Rhetorik und politischem Handeln zum Anlass, aus fünf unterschiedlichen Blickwinkeln exemplarisch die kommunistische Politik gegenüber Israel, aber auch gegenüber den in Deutschland lebenden Juden und den internationalen jüdischen Organisationen zu untersuchen und somit die Determinanten dieser "kommunistischen Judenpolitik" zu erklären.
Inhaltsübersicht: 2. Der Fall Paul Merker und die Ursprünge des SED-Antifaschismus (1930-1955); 3. Instrumentalisierte Juden: Die deutsch-jüdische Gemeinschaft im Machtkalkül der SED (1945-1990); 4. Frontstaat gegen Israel: Die DDR im Nahostkonflikt (1950-1989); 5. Im Schatten der NS-Vergangenheit: Ostdeutsch-amerikanisch-jüdische Beziehungen (1970-1989); 6. Letzte Wendemanöver: Die Judenpolitik der Regierung Hans Modrow (1989-1990).
Markus Kaim (MK)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Forschungsgruppe "Sicherheitspolitik", Stiftung Wissenschaft und Politik, Deutsches Institut für Internationale Politik und Sicherheit, Berlin.
Rubrizierung: 2.314 | 4.22 | 2.63 | 2.312 | 4.21
Empfohlene Zitierweise: Markus Kaim, Rezension zu: Stefan Meining: Kommunistische Judenpolitik. Hamburg: 2002, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/18240-kommunistische-judenpolitik_21090, veröffentlicht am 01.01.2006.
Buch-Nr.: 21090
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Dr., wiss. Mitarbeiter, Forschungsgruppe "Sicherheitspolitik", Stiftung Wissenschaft und Politik, Deutsches Institut für Internationale Politik und Sicherheit, Berlin.
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