/ 04.06.2013
Hans-Klaus Keul
Kritik der emanzipatorischen Vernunft. Zum Aufklärungsbegriff der Kritischen Theorie
Frankfurt a. M./New York: Campus Verlag 1997 (Campus Forschung 757); 484 S.; kart., 118,- DM; ISBN 3-593-35846-8In der Auseinandersetzung mit der "Kritischen Theorie" wird vielfach zwischen einer "älteren" - der vor allem mit Horkheimer und Adorno identifizierten "Frankfurter Schule" - und einer namentlich von Habermas repräsentierten "jüngeren" Gestalt unterschieden. Als wesentliche Zäsur gilt dabei die sog. sprachanalytische Wende, mit der Habermas seine kommunikationstheoretisch fundierte Gesellschaftstheorie von den Schwierigkeiten der Geschichtsphilosophie befreien und an Standards der zeitgenössischen philosophischen Methodologie anschließen wollte. Ohne die Differenzen zwischen diesen Positionen zu übergehen möchte Keul mit seiner Arbeit - 1996 als Dissertation von der philosophischen Fakultät der Universität Tübingen angenommen - die gemeinsame Struktur der Kritischen Theorie herausarbeiten. Dabei bildet die Entwicklung des Werkes von Habermas (primär der Schritt von "Erkenntnis und Interesse" zur "Theorie des kommunikativen Handelns") die wesentliche und durchaus kritisch ausgebreitete Folie, vor der Keul die Metamorphosen des Aufklärungsbegriffs nachzeichnet: der Explikation des "Keimgedankens der Kritischen Theorie" (15 ff.) - die übrigens nur den Adorno der "Dialektik der Aufklärung" berücksichtigt - folgt eine Darstellung der unzureichenden frühen Kritikmodelle (Habermas: Prinzip der Publizität; Horkheimer: Kritik der instrumentellen Vernunft; Adorno: Negative Dialektik; - 95 ff.). Fluchtpunkt der Überlegungen stellt dann die Formulierung eines gemeinsamen Koordinatengerüstes der Kritischen Theorie dar, das die normative "Idee des Bundes" gegenüber spezifischen Formen gesellschaftlicher Entfremdung zur Geltung bringen möchte (418 ff.).
Aus dem Inhalt: I. Tradition und Reflexion: Der Keimgedanke der Kritischen Theorie: 1. Selbstgenügsamkeit und praktisches Interesse: Kritik der Tradition; 2. Mittel und Zwecke: Tradition als Kritik; 3. Zwischen Kant und Marx: Idee, Interesse, Ideologie. II. Die Anatomie des Zerfalls; Der Zerfall der Kritik: 4. Das Prinzip Publizität: Die Kritik der politischen Vernunft von Jürgen Habermas; Exkurs (1): Zum Aufklärungsbegriff bei Habermas und Kant. Die Grenzen der Ideologiekritik; 5. Die Entzauberung der Aufklärung: Selbsterhaltung und Selbstzerstörung; 6. Endlichkeit und Unendlichkeit: Die Abenteuer der "zweiten Aufklärung". III. Vom Erkenntnisinteresse zum Geltungsanspruch: Metamorphosen des Transzendentalen: Exkurs (2): Die Selbstkritik der Kritischen Theorie: Das Dilemma der Globalversöhnung; 7. Im Funktionskreis des Instrumentalen: Zwischen Erfahrungstheorie und Konsensustheorie der Wahrheit; 8. Die Praxis im Verstehen: Von der Hermeneutik zur Diskursmoral; 9. Zur Logik der emanzipatorischen Vernunft: Rationalisierung der Hoffnung. IV. Subjektivität und Intersubjektivität: Das Faktum der Verständigung: Exkurs (3): Subjektivität und Intersubjektivität: Das Faktum der Verständigung; 10. Kommunikative Vernunft und kommunikative Freiheit; 11. Das Faktum der Verständigung: Vernunft und Lebenswelt; 12. Bund und Bann: Zur Kritik der emanzipatorischen Vernunft; Ausblick: Der Sinn der Emanzipation. Philosophie und Kritische Theorie.
Thomas Mirbach (Mir)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Lawaetz-Stiftung Hamburg, Lehrbeauftragter, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 5.42
Empfohlene Zitierweise: Thomas Mirbach, Rezension zu: Hans-Klaus Keul: Kritik der emanzipatorischen Vernunft. Frankfurt a. M./New York: 1997, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/3985-kritik-der-emanzipatorischen-vernunft_5663, veröffentlicht am 01.01.2006.
Buch-Nr.: 5663
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Dr., wiss. Mitarbeiter, Lawaetz-Stiftung Hamburg, Lehrbeauftragter, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
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