/ 03.06.2013
Anne Christine Nagel
Martin Rade. Theologe und Politiker des Sozialen Liberalismus. Eine politische Biographie
Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus 1996 (Religiöse Kulturen der Moderne 4); 336 S.; 178,- DM; ISBN 3-579-02603-8Geschichtswiss. Diss. Marburg; Erstgutachter: H. Seier. - Diese sprachlich wie inhaltlich gleichermaßen souverän dargebotene Arbeit widmet sich einem der wenigen politischen Professoren, die es im späten Kaiserreich und in der Weimarer Republik noch gab. Rade hat als Theologe und Vertreter des Kulturprotestantismus, als linksliberaler Politiker und als kritischer Publizist unermüdlich für Demokratie, für Rechts- und Sozialstaat gestritten. Diese Überzeugungen sind ihm nicht in die Wiege gelegt worden; vielmehr mußte er sich, wie Nagel überzeugend darstellt, erst vom nationalen zum sozialen Liberalismus durchringen. Dieser Entwicklungsgang ist eine Biographie des Möglichen; er zeigt, wie die deutsche Geschichte auch hätte sein können. Enttäuschungen blieben nicht aus, gegen Ende von Rades Leben auch beklagenswerte Fehleinschätzungen nicht, die von Nagel in Rades Verhältnis zum Nationalsozialismus offengelegt werden. "Die politische Biographie Martin Rades ist keine Erfolgsgeschichte" (261), konstatiert die Autorin am Ende ihrer Arbeit nüchtern, aber da es für die Ideengeschichte des demokratischen Verfassungsstaates immer noch so wenig Material gibt, sind Arbeiten wie diese auch ohne Erfolgsgeschichten eminent wichtig.
Inhaltsübersicht: 1. Gelehrtenpolitik im Linksliberalismus; 2. Zwischen Grundsatzethik und konkretem Handeln. Politik im Kaiserreich 1890-1914; 3. Von der Freisinnigen Veeinigung zur Fortschrittlichen Volkspartei; 4. "Unsre Pflicht zur Politik". Rades Konzeption einer Ethik des Politischen; 5. Der Erste Weltkrieg; 6. Zwischenbetrachtung: Vom nationalen zum sozialen Liberalismus; 7. Zusammenbruch und Neubeginn. Martin Rade als demokratischer Politiker in der Weimarer Republik; 8. Demokratie als Weltanschauung. Rades politische Publizistik in den Weimarer Jahren; 9. Der Aufstieg des Nationalsozialismus und das Ende der Republik; 10. Größe und Grenzen professoralen Engagements in der Politik: Das Beispiel Martin Rade. Dokumentenanhang.
Michael Dreyer (MD)
Prof. Dr., Institut für Politikwissenschaft, Universität Jena.
Rubrizierung: 5.4 | 5.33 | 2.311 | 2.23
Empfohlene Zitierweise: Michael Dreyer, Rezension zu: Anne Christine Nagel: Martin Rade. Gütersloh: 1996, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/3354-martin-rade_4402, veröffentlicht am 01.01.2006.
Buch-Nr.: 4402
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Prof. Dr., Institut für Politikwissenschaft, Universität Jena.
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