/ 28.01.2016
Stefan Jonsson
Masse und Demokratie. Zwischen Revolution und Faschismus. Aus dem Englischen von Norbert Juraschitz
Göttingen: Wallstein Verlag 2015; 342 S.; geb., 29,90 €; ISBN 978-3-8353-1746-8Aus psychologischer, sozialer, politischer und kultureller Perspektive wurde der Begriff Masse seit dem Ende des 19. Jahrhundert zu einem gewichtigen Wort, das die Fantasien verschiedenster Persönlichkeiten aus Kultur und Wissenschaft, vor allem im deutschsprachigen Raum, beflügelte. Eine Vielzahl literarischer Werke befasste sich seitdem mit diesem schwer zu fassenden Terminus. Und dennoch, so Stefan Jonsson, haben „nur wenige Autoren das Motiv der Masse eingehender mit der Geschichte der Weimarer Republik verknüpft“ (9). Es geht folglich darum, die Bilder und Ideen über die Masse zu strukturieren, sie in Beziehung zu setzen und vor dem Hintergrund theoretischer Betrachtungen herauszufinden, welche Gemeinsamkeiten in den verschiedenen Reflexionen bestehen. Dazu betrachtet Jonsson eine Vielzahl einflussreicher Denker aus Deutschland und Österreich, wie beispielsweise Hermann Broch, Sigmund Freud, Georg Simmel oder Hannah Arendt. Der Begriff Masse, so wird deutlich, oszillierte in den Darstellungen zwischen Bedrohungsgefühlen und eigentümlicher Faszination. Dies geschah in einer Zeit, als die Moderne zu Verunsicherungen führte, die nicht zuletzt in den Diskurs um diesen Begriff projiziert wurden. „[D]ie Masse als Akteur des Wandels“ (119) führte in der Zwischenkriegszeit zum Unbehagen bei Kulturkritikern und wurde innerhalb der politischen Linken wiederum als die Summe der ausgeschlossenen Teile der Gesellschaft betrachtet. Somit war Masse eine „Randzone der Gesellschaft“ (134), die scheinbar charakteristische Merkmale verkörperte, die im Laufe der Zeit neue Interpretationen, aber auch immer wiederkehrende – vor allem negative – Beurteilungen erfuhren. Zweifelslos ist der Begriff von großer Bedeutung für die Betrachtung der Weimarer Republik und der Verunsicherung angesichts der zeitgenössischen Demokratie: „Die tiefe Gespaltenheit in der Frage, wie das souveräne Volk und seine legitime Vertretung angemessen definiert werden müssten, erklärt, weshalb die Masse in dieser Zeit ein so gedeihlicher Begriff war.“ (308)
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Rubrizierung: 2.2 | 2.4 | 2.311 Empfohlene Zitierweise: René Neumann, Rezension zu: Stefan Jonsson: Masse und Demokratie. Göttingen: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/39327-masse-und-demokratie_48011, veröffentlicht am 28.01.2016. Buch-Nr.: 48011 Inhaltsverzeichnis Rezension druckenCC-BY-NC-SA