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/ 09.07.2015
Ari Shavit

Mein gelobtes Land. Triumph und Tragödie Israels. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Michaela Müller

München: C. Bertelsmann 2015; 592 S.; 24,99 €; ISBN 978-3-570-10226-8
Der Haaretz‑Journalist und Bürgerrechtsaktivist Ari Shavit wagt mit diesem Buch den schier unmöglich scheinenden Versuch, auf ein paar hundert Seiten die Geschichte Israels, den Nahostkonflikt und die damit verbundene Tragödie zu erklären. Hierzu hat er zahlreiche Archive sowie mehrere Schlüsselfiguren der israelischen Geschichte besucht. Er beginnt seine Erzählung mit seinem Urgroßvater, einem führenden Zionisten der ersten Generation, und nimmt seine Leser mit auf eine Reise zu den zentralen historischen Orten. Es gelingt ihm dabei, die damaligen Stimmungen und Sichtweisen sehr gut zu vermitteln. Die Vordenker des Zionismus etwa können den Holocaust nicht vorhersehen, wohl aber erahnen sie das kulturelle Ende des europäischen Judentums. Die ersten israelischen Siedler sind beseelt vom Humanismus und von einem enormen Pioniergeist, ohne den die Urbarmachung der gekauften Ländereien undenkbar gewesen wäre. Mit dem Vernichtungswahn der Nazis wandelt sich der Zionismus, und die Israelis verdrängen gezielt und vermehrt die arabischen Bewohner. Terrorakte üben beide Seiten aus, die Israelis kämpfen schließlich 1948 unter dem Eindruck des Holocaust um ihr Leben. Die antike Festung Masada wird zu einem wichtigen nationalistischen Symbol umgedeutet. Die Erfolge in Landwirtschaft und Technik sorgen für einen berauschenden Fortschritt, der hilft, die Millionen von Neuankömmlingen relativ schnell zu integrieren. Anhand der biografischen Schilderungen seiner Interviewpartner wird plastisch, wie unterschiedlich das neue Leben in Israel für sie verläuft. Mit dem Atomreaktor von Dimona erlangen die Israelis Nuklearwaffen – und damit eine Art Überlebensgarantie, die ihnen ein relativ normales Leben ermöglicht, wie Shavit es ausdrückt. Die Siedlungsbewegung geht aus den Kriegen von 1967 und 1973 hervor und verändert den Zionismus abermals. Das Buch endet schließlich in der Gegenwart. Als einer der wenigen Autoren bringt Shavit Verständnis für das rechte und das linke Lager in Israel auf. Die Erzählungen sind überdies ungemein spannend und berührend. Das Buch ist rundum gelungen. Wer es gelesen hat, dürfte immun sein gegen vereinfachende Schuldzuweisungen und simplifizierende Erklärungen für den Nahostkonflikt.
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Rubrizierung: 2.632.12.252.234.41 Empfohlene Zitierweise: Dirk Burmester, Rezension zu: Ari Shavit: Mein gelobtes Land. München: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/38629-mein-gelobtes-land_47252, veröffentlicht am 09.07.2015. Buch-Nr.: 47252 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
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