/ 22.06.2013
Lutz Niethammer
Memory and History. Essays in Contemporary History
Frankfurt a. M. u. a.: Peter Lang 2012 (Geschichte, Erinnerung, Politik: Posener Studien zur Geschichts-, Kultur- und Politikwissenschaft 4); 453 S.; geb., 59,95 €; ISBN 978-3-631-61915-5Der bis 2005 in Jena lehrende Zeithistoriker Niethammer gehört zu den prominentesten deutschen Wissenschaftlern auf den Feldern der kulturwissenschaftlichen Gedächtnisforschung. Der Band stellt eine Wiederveröffentlichung verschiedener Beiträge dar, die zwischen 1979 und 2009 entweder direkt in englischer Sprache verfasst worden sind oder zu verschiedenen Gelegenheiten eine Übersetzung erfahren haben. In einem ausführlichen Anhang werden die Entstehungszusammenhänge und Editionsgeschichten erläutert, wobei sich auch die (Selbst-)Verortung Niethammers in einer links-liberal orientierten Geschichtswissenschaft zeigt. Der Anmerkungsapparat wurde für die Wiederveröffentlichung durchnummeriert, ein Großteil der Beiträge kommt allerdings ohne Nachweise aus. Teilweise beruhen sie auf Kapiteln aus den Monografien „Posthistoire“ (1989), „Kollektive Identität“ (2000) und „Ego-Historie?“ (2002), deren Kernaussagen darin zusammengefasst sind. Mit dem Band wird ein detaillierter Einblick in die verschiedenen Arbeitsschwerpunkte Niethammers geboten. Deutlich werden diese an der hier vorgenommenen Einteilung in Themenkomplexe wie „Das kommunikative Gedächtnis“. In vielen Fällen zeigt sich zudem der starke persönliche Bezug der wissenschaftlichen Arbeit. So gehen die Beiträge im Kapitel „Eine Frage der Kompensation“ auf die Beratertätigkeit Niethammers für die Schröder-Regierung bezüglich der Entschädigung von NS-Zwangsarbeitern zurück. Die Ergebnisse dieser Arbeit werden besonders hervorgehoben, da durch die gemeinsamen Kompensationszahlungen aus Staat und Wirtschaft die Zivilgesellschaft erstmals ihre Verantwortung im Bereich der Wiedergutmachung angenommen habe. Mehrere Artikel beruhen außerdem auf Niethammers Pionierarbeiten im Bereich der Oral History, in denen sowohl in der Bundesrepublik als auch in der DDR die Verarbeitung der NS-Vergangenheit im Privatleben untersucht wurde. Die dabei herausgearbeiteten Erkenntnisse zu den vielfachen Wechselspielen zwischen individuellem und kollektivem Gedächtnis können auch heute noch wichtige Impulse für die Erforschung politischer Kulturen liefern.
Martin Munke (MUN)
M. A., Europawissenschaftler (Historiker), wiss. Hilfskraft, Institut für Europäische Studien / Institut für Europäische Geschichte, Technische Universität Chemnitz.
Rubrizierung: 2.23 | 2.35 | 2.61 | 2.314 | 1.3
Empfohlene Zitierweise: Martin Munke, Rezension zu: Lutz Niethammer: Memory and History. Frankfurt a. M. u. a.: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/35695-memory-and-history_43106, veröffentlicht am 13.12.2012.
Buch-Nr.: 43106
Inhaltsverzeichnis
Rezension drucken
M. A., Europawissenschaftler (Historiker), wiss. Hilfskraft, Institut für Europäische Studien / Institut für Europäische Geschichte, Technische Universität Chemnitz.
CC-BY-NC-SA