Diss. – Die Historikerin Hunn legt eine Studie zur Geschichte der türkischen Migranten in der Bundesrepublik Deutschland vom Zeitpunkt der ersten Anwerbung 1961 bis zum Jahre 1984 vor. Die chronologische Analyse zentraler Ereignisse und Entwicklungen stellt die Autorin in einen Zusammenhang mit drei unterschiedlichen Untersuchungsebenen: der Arbeitswelt, der türkischen und deutschen Einwanderungspolitik und den sozialen und gesellschaftlichen Dimensionen des Migrationsprozesses. Hierzu wertet sie die Regierungspolitik, die Politik der Gewerkschaften, der Wohlfahrtsverbände und der Medien aus. Es werden sowohl deutsch- als auch türkischsprachige Materialien verwendet. Hunn betont, dass es den politisch Handelnden an einer klaren, kohärenten Migrationspolitik mangelte. Auch gingen die meisten türkischen Migranten davon aus, dass sie nur für einen begrenzten Zeitraum in Deutschland leben würden. Die deutsche und die türkische Regierung teilten diese Auffassung, sodass sie die Migranten mit ihren sozialen und kulturellen Belangen zumeist alleine ließen. Das deutsche Selbstverständnis als ethnisch und kulturell homogene Gesellschaft habe ebenso wie der „historisch bedingte[.] Minderwertigkeits- und Diskriminierungskomplex vieler Türken“ (540) gegenüber den in vieler Hinsicht überlegenen westlichen Gesellschaften dazu beigetragen, dass die zunächst wirtschaftlich und politisch motivierte Abgrenzung später zu einer kulturell und religiös begründeten Distanzierung geführt habe. Zudem hätten kulturelle Differenzen zwischen Türken und Deutschen andere Konfliktursachen wie die strukturell bedingte soziale Ungleichheit zwischen den beiden Gruppen verdeckt. Hunn plädiert in ihrem spannend zu lesenden Buch abschließend für ein höheres Maß an Interesse und Verständnis für die oft schmerzvolle und wechselseitige Geschichte der Migration in Deutschland, um entsprechende Lehren für eine künftige Gestaltung der Migrationspolitik ziehen zu können.