/ 22.06.2013
Emily Turner-Graham / Christine Winter (Hrsg.)
National Socialism in Oceania. A Critical Evaluation of its Effect and Aftermath
Frankfurt a. M. u. a.: Peter Lang 2010 (Germanica Pacifica 4); XI, 249 S.; 45,50 €; ISBN 978-3-631-56355-7Wenn in Gesellschaften das Sicherheitsbedürfnis wächst, werden ganz besonders auch die Loyalitäten von Einwanderungsgemeinschaften in den Blick genommen, schreiben die Herausgeberinnen. Daher sehen sie eine aktuelle Relevanz für diesen Sammelband, der aus Sicht der Migrationswissenschaft den Fragen nach Loyalitäten und Sympathien von Gruppen und Individuen gegenüber dem Nationalsozialismus in Ozeanien nachgeht, aber auch kritisch die Situation der Bürgerrechte beleuchtet. Turner-Graham untersucht nationalsozialistische Ideologie und Propaganda am Beispiel der zweisprachigen Zeitschrift „Die Brücke“. Dabei geht sie der interessanten Frage nach, wie sich so etwas wie Deutschtum in einer Umwelt erhalten konnte, die so gar nicht Deutschland glich. Diese Frage gewinnt an Bedeutung, schreibt sie, bedenkt man, dass die deutsche Landschaft von elementarer Bedeutung für die nationalsozialistische Ideologie war und Hitler selbst einmal darauf verwies, dass die Ideologie nicht zur Exportware tauge. Tatsächlich aber, arbeitet Turner-Graham heraus, galt dies nicht unbedingt für Auslandsdeutsche. „Die Brücke“ setzte mit großem Pathos auf die Nostalgie und das Heimweh ihrer Leserschaft und warb engagiert dafür, das deutsche Heimatland zu besuchen: „The creation of a nazified Deutschtum which was at home in Australia always had to acknowledge Germany as the inspirational and central source of the Nazi natural Weltanschauung“ (15). Hier schließt sich also der Kreis zur Blut und Boden-Rhetorik der Nazis – die Wurzeln des Deutschtums, so das abstruse Konstrukt, liegen mittlerweile im Deutschen selbst. Suzanne Rutland problematisiert die massenhafte Aufnahme der deutschen Flüchtlinge und Nazis im Australien der Nachkriegszeit. Bis 1964 wanderten 90.000 Deutsche dorthin aus. Ost- oder südeuropäische Migranten und besonders Juden galten hingegen als weniger wünschenswert. Rutland führt dies auf ein andauerndes positives deutsches Stereotyp zurück. So erhielten deutsche Einwanderer gar eine finanzielle Unterstützung der australischen Regierung, die für Juden unterblieb.
Timo Lüth (TIL)
Student, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.66 | 2.25 | 2.312
Empfohlene Zitierweise: Timo Lüth, Rezension zu: Emily Turner-Graham / Christine Winter (Hrsg.): National Socialism in Oceania. Frankfurt a. M. u. a.: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/32886-national-socialism-in-oceania_39281, veröffentlicht am 25.10.2010.
Buch-Nr.: 39281
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Student, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
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