/ 24.10.2013
Florian Schumacher
Nationaler Habitus. Zur Entstehung und Entwicklung nationaler Identitäten
Konstanz/München: UVK Verlagsgesellschaft 2013; 322 S.; 39,- €; ISBN 978-3-86764-444-0Soziolog. Diss. Freiburg i. Br.; Begutachtung: H. Schwengel, B. Rehbein. – Die gemeinschaftlichen Zusammenballungen im Europa der Vormoderne entwickelten sich nach und nach zu Nationalstaaten. Dieser Weg war für die Bürger derart prägend, dass Nationen als nahezu natürliche Gebilde aufgefasst wurden. Gerade weil heute deutlicher zu sehen ist, dass neben den Nationalstaat andere Gebilde kollektiver Identifikation treten, ist es spannend, nach der Art und Weise des Aufbaus von nationaler Identität zu fragen. Florian Schumacher geht dabei über die Kritik an der Konstruktion von Nationen hinaus und untersucht die Bedingungen, die der Entwicklung von nationalen Identitäten zugrunde liegen. Dabei führt Schumacher wesentliche Ansätze vor Augen, die sich mit den Möglichkeiten einer Analyse nationaler Identitäten beschäftigen. Der Autor bezieht die Beiträge beispielsweise von Berger/Luckmann, Halbwachs, Assmann, aber auch Homi Bhabha aufeinander und arbeitet nicht zuletzt die jeweiligen methodischen Neuerungen und Leerstellen heraus. So unterstreicht Schumacher etwa, dass zur Tätigkeit des Erinnerns auch die Praxis des Vergessens gehört. Das geeignete Instrument zur Analyse von nationalen Identitäten findet Schumacher im Konzept des Habitus. Dieses entfaltet er nicht allein in Anlehnung an den bekannten Entwurf von Pierre Bourdieu, sondern in einem Austausch zwischen den Ideen von Bourdieu und Norbert Elias. Im Fokus stehen dabei widerstreitende Narrative. Erzählungen setzen verschiedene Gruppen und ihre Erfahrungen zueinander in ein dynamisches Verhältnis und bringen Konkurrenz‑ und Abgrenzungskämpfe mit sich. Im empirischen Teil wendet der Autor sein Konzept des nationalen Habitus auf die Entwicklung nationaler Identitäten in Deutschland und Indien an. Aufgrund der dynamischen und konfliktiven Grundlegung des Habitus dürfte die Arbeit nicht nur für Soziologen und Historiker, sondern gerade auch für Politikwissenschaftler interessant sein.
Hendrik Claas Meyer (HCM)
M. A., Politikwissenschaftler und Soziologe, Universität Bayreuth.
Rubrizierung: 2.1 | 2.68 | 2.23 | 2.35 | 2.31 | 2.61
Empfohlene Zitierweise: Hendrik Claas Meyer, Rezension zu: Florian Schumacher: Nationaler Habitus. Konstanz/München: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/36338-nationaler-habitus_44584, veröffentlicht am 24.10.2013.
Buch-Nr.: 44584
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M. A., Politikwissenschaftler und Soziologe, Universität Bayreuth.
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