Soziolog. Habilitationsschrift Bonn. - Die als Soziologin wie als Ernährungswissenschaftlerin gleichermaßen qualifizierte Autorin untersucht lebensreformerische Vereine und ihnen nahestehende Erscheinungen um die Jahrhundertwende. Sie zeigt, daß die vegetarischen Gedanken zwar symbolisch besonders sichtbar waren, aber nicht den alleinigen Kern der Reformbewegung ausmachten. Somit kann "unter 'vegetarisch leben' eine reglementierte Lebensführung verstanden werden, die die persönliche Fähigkeit zur Selbstkontrolle und Enthaltsamkeit betont" (9). Ausgangspunkt der Arbeit ist weniger ein ideengeschichtlicher Ansatz als eine Untersuchung der Sozialstruktur der Reformanhänger. Barlösius kann die homogene bürgerliche Struktur der Bewegung überzeugend darstellen. Ein faszinierendes Buch mit reichem statistischen Material zu den soziologischen Besonderheiten einer einstmals großen Bewegung. Aus dem Inhalt: 2. Die "naturgemäße Lebensweise": Konstruktion eines biographischen Lebenszusammenhangs; 3. Sozialstruktur der Anhänger einer "naturgemäßen Lebensweise"; 4. Institutionalisierung der vegetarischen Lebensweise; 5. Selbstreform durch "naturgemäße Lebensweise" - die "vegetarische Vergesellschaftungsutopie"; 6. Die Lebensreformbewegung; 7. Nähe und Ferne der Lebensreformbewegung zu anderen "kulturorientierten" Vereinen Ende des 19. Jahrhunderts.