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/ 15.10.2015
Virve-Anneli Vihman / Kristiina Praakli (Hrsg.)

Negotiating Linguistic Identity. Language and Belonging in Europe

Oxford u. a.: Peter Lang 2014 (Nationalisms Across the Globe 14); IX, 344 S.; pb., 66,90 €; ISBN 978-3-0343-0957-8
Soziale Identität in Europa wurde und wird wesentlich von Sprache geprägt. Die Herausgeberinnen gehen davon aus, dass sich ab 1750 die jeweils gemeinsame Sprache zum Hauptmerkmal nationaler Identität und ethnischer Zugehörigkeit entwickelt hat. Dies habe große Auswirkungen auf die Herausbildung von Nationalstaaten im 19. und 20.Jahrhundert gehabt und präge auch heute noch die Sprachenpolitik in Europa. In der Europäischen Union werde einerseits sprachliche Diversität als wertvoller kultureller Schatz gefördert, andererseits führe die Vielsprachigkeit aus pragmatischer Perspektive zu hohen Kosten für Übersetzungen und Bildung und erschwere damit Kommunikation und Migration. Der Sammelband geht zurück auf eine Konferenz über Sprache und Identität, die im Oktober 2011 an der Universität Tartu in Estland stattfand. Dieser Region widmen sich dann auch gleich mehrere Autor_innen. Anna Verschik betrachtet die sprachliche Selbstdarstellung russisch sprechender Menschen in Estland. Dazu untersucht sie private Internetblogs, da in diesem medialen Format die Probanden frei entscheiden können, welche Sprache sie in welcher Form verwenden. Verschik fand in den Blogs diverse estnisch beeinflusste Variationen des Russischen, die als Sprachabwandlung teils bewusst eingesetzt und reflektiert würden, um die eigene Identität als russische Esten darzustellen. Martin Ehala gibt einen Überblick über den Sprachengebrauch der russischen Minderheiten in allen drei baltischen Staaten. Die jeweilige Sprachenideologie sei offenbar das Ergebnis der historisch entwickelten Interaktion zwischen sprachlicher Minderheit und Mehrheit eines Landes. Für die russischen Balten sei Sprache sehr eng mit kollektiver Identität verbunden. In einer Umfrage stellt Ehala fest, dass je besser die Minderheiten die jeweilige Mehrheitssprache sprechen, desto mehr identifizieren sie sich positiv mit dem jeweiligen Land und fühlen sich auch weniger als Minderheit benachteiligt. Bettina Bock und Rosemarie Lühr beschäftigen sich in ihren Beitrag mit der Wechselwirkung europäischer Sprachen mit dem Vokabular des Deutschen. Beispiele für solche Lehnwörter seien etwa: Karre (deutsch), car (englisch), kára (tschechisch), el carro (spanisch) oder nervus (lateinisch), Nerv (deutsch), nerf (niederländisch und französisch), nervo (italienisch). Diese Europäismen als semantische Gemeinsamkeiten im Wortschatz europäischer Sprachen beruhten auf dem Austausch durch Handel und Reisen im gemeinsamen europäischen Kulturraum.
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Rubrizierung: 2.612.232.263 Empfohlene Zitierweise: Wolfgang Denzler, Rezension zu: Virve-Anneli Vihman / Kristiina Praakli (Hrsg.): Negotiating Linguistic Identity. Oxford u. a.: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/38980-negotiating-linguistic-identity_47324, veröffentlicht am 15.10.2015. Buch-Nr.: 47324 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
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