/ 11.06.2013
Frits Boterman
Oswald Spengler und sein "Untergang des Abendlandes" Aus dem Niederländischen von Christoph Strupp
Köln: SH-Verlag 2000; 474 S.; kart., 45,50 €; ISBN 3-89498-080-XAn Kulturpessimisten herrschte zu Beginn des 20. Jahrhunderts wahrscheinlich kein Mangel. Spengler (1880-1936) war vor allem mit seinem Hauptwerk "Der Untergang des Abendlandes" einer der bekanntesten. Da sich in der historischen Zunft niemand mehr ernsthaft mit den Thesen und Theorien Spenglers auseinandersetzt, wie Boterman zurecht bemerkt, legt er seine Arbeit als einen Beitrag zur intellektuellen und politischen Geschichtsschreibung an, indem er "die Kulturphilosophie Spenglers und seine politischen Vorstellungen und Aktivitäten soweit wie möglich im Kontext seiner Zeit" (9) zu verstehen sucht. Im Mittelpunkt steht die Frage: "Wie und unter welchen Umständen hat sich Spengler vom 'unpolitischen' Kulturkritiker [...] zum radikal-konservativen Intellektuellen entwickelt, der sich in den zwanziger- und frühen dreißiger Jahren der Weimarer Demokratie energisch widersetzte?" (10) Dabei werden die Motive und Intentionen Spenglers herausgearbeitet, "um die Wurzeln seines Kulturpessimismus offenzulegen" (11). Gleichzeitig wird dieser in seinen sozialhistorischen und politischen Kontext gestellt. Es zeige sich schnell, dass Spengler sich in seiner eigenen Zeit nicht zuhause fühlte, aber die wichtigere Frage bleibe, "warum er sich mit seiner Zeit überwarf" (12). Spenglers Position - wie der der konservativen Revolution überhaupt - war kompliziert. So lehnte er schon die Einladung Goebbels ab, am 18. März 1933, am "Tag von Potsdam" eine Rede zu halten. Und er rückt in der Folge immer stärker vom Nationalsozialismus, mit dem er anfänglich sympathisierte, ab. Boterman verdeutlicht und erklärt "die Diskrepanz zwischen den politischen Erwartungen konservativ-revolutionärer Intellektueller wie Spengler und der politischen Wirklichkeit des Dritten Reichs" (13). Dies ist ihm wichtiger, "als deren bloße Verurteilung als intellektuelle Vorläufer des Nationalsozialismus" (13). Aber: "Mit seiner irrealen und pessimistischen Weltanschauung, mit seiner konservativ-revolutionären Ideologie und seinem radikalen politischen Aktivismus hatte er selbst mitgeholfen, eine Welt zu schaffen, die weder Platz noch Schutz für einen introvertierten, eigensinnigen und elitär denkenden konservativen Einzelgänger wie ihn bot." (438)
Inhaltsübersicht: Die Kulturphilosophie Spenglers und ihre persönlichen Hintergründe; Die Kulturphilosophie Spenglers und ihre sozialgeschichtlichen Hintergründe; Lebensphilosophie: Antirationalismus und Antipositivismus; Der Untergang des Abendlandes: Kulturphilosophie und Morphologie; Spengler im Ersten Weltkrieg. Vom Kulturpessimisten zum politischen Ideologen; Preußentum und Sozialismus. Spengler und die "Konservative Revolution"; Vom politischen Ideologen zum politischen Aktivisten; Spengler und die Weimarer Republik (1920-1924). Vom kulturellen Outsider zum politischen Insider; Spengler und der Nationalsozialismus. Jahre der Entscheidung.
Heinz-Werner Höffken (HÖ)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität, Hamburg.
Rubrizierung: 5.46 | 2.3 | 2.311 | 2.2
Empfohlene Zitierweise: Heinz-Werner Höffken, Rezension zu: Frits Boterman: Oswald Spengler und sein "Untergang des Abendlandes" Köln: 2000, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/11322-oswald-spengler-und-sein-untergang-des-abendlandes_13419, veröffentlicht am 01.01.2006.
Buch-Nr.: 13419
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Dr., wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität, Hamburg.
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