Im Gegensatz zu den anderen europäischen Nachbarn Deutschlands (allen voran Frankreich), gibt es im Falle Italiens kaum Übersichten zur gegenseitigen Perzeption oder der gemeinsamen Geschichte. Dabei bestehen zahlreiche Gemeinsamkeiten, die eine Vergleichsstudie begünstigen (industriell statt agrarisch geprägte Wirtschaft, politisches System, Werte und Alltagsverhalten). Hervorgehoben werden diese historischen, politischen und ökonomischen Ähnlichkeiten vor allem in der Einführung des Buches, in der sogar von einer „Notwendigkeit des Vergleichs“ (35) gesprochen wird. Gleichzeitig wird aber auch deutlich, warum sich das italienisch-deutsche Verhältnis so lange einem Vergleich sperrte: die Teilung Deutschlands, der starre und wenig flexible zentralistische Zuschnitt Italiens, die fehlende linke Ausrichtung des politischen Systems Italiens (ungeachtet der Tatsache, dass es in Italien die größte kommunistische Partei Westeuropas gibt) sowie der Umstand einer sozioökonomischen Strukturschwäche eines Drittels Italiens (Mezzogiorno). Die Autoren des Sammelbandes widmen sich in fünf Teilen den offenkundigen Unterschieden, aber auch den weniger augenscheinlichen Gemeinsamkeiten. Dass dabei einige aktuelle Themen unbetrachtet blieben (Terrorismus, Korruption, Gefährdung der Pressefreiheit, Migration usw.), darf hierbei nicht weiter stören. Viel entscheidender ist, dass durch dieses kompakte Werk erstmals Wissen über den in der Forschung deutlich vernachlässigten europäischen Nachbarn Italien, die Entwicklung der bilateralen Beziehungen sowie das gegenseitige Wahrnehmen (bis hin zur Stereotypenbildung) zugänglich gemacht wird.