/ 14.11.2013
Joachim Lege
"Politeía" Ein Abenteuer mit Platon
Tübingen: Mohr Siebeck 2013; XIX, 259 S.; brosch., 14,- €; ISBN 978-3-16-152680-0Platons „Politeía“, der philosophische Text schlechthin, ist in diesem Jahr gleich zweimal in einer sprachlich aktualisierten Version auf dem deutschen Buchmarkt erschienen: erst im Frühjahr von dem zurzeit viel gedruckten, gelesenen und diskutierten französischen Philosophen Alain Badiou, nun von dem Greifswalder Rechtswissenschaftler Joachim Lege. Badious Ansinnen, zentrale Begrifflichkeiten zu verändern, Passagen auszulassen oder kreativ umzugestalten und die Rede des Sokrates seinen jungen – nun auch weiblichen – Mitdiskutanten in den Mund zu legen, um Platon für seine eigene Position zu verwenden, ist bei der deutschen Rezeption nicht gut angekommen. Auch Lege wird sich sicherlich den Vorwurf anhören dürfen, zu respektlos mit dem Klassikertext umgegangen zu sein; wer Platon lesen und im wissenschaftlichen Diskurs mitreden will, muss Platon lesen, wer dies nicht mag, sollte nicht von ihm sprechen. Aber das Buch ist nicht primär für den akademischen Diskurs gedacht und will auch keine eigene Position legitimieren, sondern unterhaltend jüngere Leser an den klassischen Text heranführen – mehr nicht. Das wird nicht nur an den illustrierenden Beispielen (etwa Tolkiens „Herr der Ringe“), zahlreichen Klammerbemerkungen oder dem mitunter saloppen, aber durchaus witzigen Ton ersichtlich, sondern auch an der Aufrichtigkeit des Autors, der zahlreiche aktualisierende Begriffsveränderungen offen anzeigt und die entsprechenden griechischen Formulierungen mit anfügt. Gerade dadurch werden den gründlichen Lesern bestimmte Ambivalenzen des Textes deutlich. Und bei aller Begeisterung für seinen Helden zeigt der eine oder andere lakonische Kommentar, dass Lege Platons Vorschläge mitunter für idealistisch, etwas zu sophistisch, teilweise inkonsequent oder gar gefährlich hält, wobei seine Kritik niemals maßregelnd wird. Insgesamt liegt hier eine gelungene Einführung in Platons Hauptwerk vor, die übrigens schon deshalb besser als die unzählbare Studienliteratur ist, weil sie nicht schon das voraussetzt, was Laien nicht haben: ein philosophisches Vorwissen.
Frank Schale (FS)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Professur für Politische Theorie und Ideengeschichte, Technische Universität Chemnitz.
Rubrizierung: 5.31
Empfohlene Zitierweise: Frank Schale, Rezension zu: Joachim Lege: "Politeía" Tübingen: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/36417-politea_44678, veröffentlicht am 14.11.2013.
Buch-Nr.: 44678
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Dr., wiss. Mitarbeiter, Professur für Politische Theorie und Ideengeschichte, Technische Universität Chemnitz.
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