Im Gegensatz zu den skandinavischen Ländern oder Frankreich hat sich die deutsche Familienpolitik nur wenig dem veränderten Selbstverständnis von Frauen und den Auswirkungen der Globalisierung auf die Arbeitswelt angepasst. Gewissermaßen wurde die Familie als „Bollwerk gegen Veränderungsprozesse in Wirtschaft und Gesellschaft“ (12) betrachtet und entsprechend protegiert. Erst langsam – unter dem Eindruck des Geburtenrückgangs, vermehrter Berufstätigkeit beider Eltern, ansteigender Scheidungszahlen und der Ausdifferenzierung von Lebensstilen – sieht sich auch die deutsche Familienpolitik einem Anpassungsdruck ausgesetzt. Wassilios Fthenakis, Warnfried Dettling, Hans Bertram, Ilse Wehrmann und Ulrich Mückenberger diskutieren in ihren Beiträgen, welche arbeitszeitlichen, finanziellen und infrastrukturellen Modelle berufliches Handeln und Familiengründung (und die Pflege der älteren Generation) zulassen. Dabei verdeutlichen sie, dass die organisatorischen und technischen Möglichkeiten zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf die geringere Hürde auf dem Weg zu einer gerechten Familienpolitik darstellen. Sehr viel schwieriger, für die Umsetzung einer zeitgemäßen und nachhaltigen Familienpolitik aber umso bedeutsamer, sind ein Wandel der kulturellen Vorstellungen von Familie und eine Abkehr von bisherigen Geschlechterstereotypen. Erst wenn es selbstverständlich ist, dass Beruf und Familienplanung einander nicht ausschließen müssen und der Beitrag von Frauen und Männern für das Arbeits- und Familienleben gleichermaßen anerkannt wird, werden sich – so die ebenso kritische wie hoffnungsvolle Prognose des Bandes – wieder mehr Menschen für Kinder entscheiden.