/ 22.06.2013
Peter Döge
Politik neu denken. Politiktheorie, Politikanalyse und Politische Ethik jenseits von Newton und Descartes. Eine nichtduale Perspektive
Frankfurt a. M. u. a.: Peter Lang 2012; 258 S.; geb., 44,80 €; ISBN 978-3-631-62143-1Peter Döge beklagt im Vorwort „die tiefe Sehnsucht nach in sich geschlossenen und sich selbst immer wieder bestätigenden Kategorien‑ und Denksystemen“ als „typisch deutsche Wissenschaftskultur“ (7). Vor diesem Hintergrund ist es sein Ziel, „in einer transdisziplinären und interkulturellen Perspektive neue politik‑ und sozialwissenschaftliche Denkräume“ (10) auszuloten. Hierzu überträgt er vor allem Befunde aus Quantenphysik, Neuro‑ und Evolutionsbiologie auf gesellschaftliche und politische Prozesse. Eine solche Herangehensweise klingt zunächst befremdlich, ist jedoch sinnvoll: Die heutigen Sozialwissenschaften entwickelten sich auf der Grundlage der modernen Weltsicht, die vor allem von den naturwissenschaftlichen Erkenntnissen Newtons und Descartes geprägt worden ist und eine unhintergehbare Dualität zwischen Subjekt und Objekt postuliert. Gerade die jüngere Quantenphysik zeigt jedoch, dass Teilchen und Gesamtmenge nur als tief miteinander verwobene Einheit betrachtet und verstanden und nie getrennt voneinander analysiert werden können. Auf Basis detaillierter Ausführungen über die genannten naturwissenschaftlichen Teildisziplinen argumentiert Döge für eine nicht‑dualistische Betrachtung von Subjekt und Objekt und diskutiert die Auswirkungen einer solchen Herangehensweise für die theoretische und praktische Analyse von Politik sowie die Entwicklung einer zeitgemäßen politischen Ethik. Seine Schlussfolgerungen bleiben dabei insgesamt leider eher oberflächlich und geben den Leser_innen wenig konkrete methodische Hilfsmittel zur Hand – etwa, wenn konstatiert wird, dass „der Weltprozess […] niemals determiniert“ sei und „der Zufall […] immer eine Rolle“ (202) spiele. Gemessen am expliziten Ziel des Autors – der oben genannten Auslotung von „Denkräumen“ – ist der Band jedoch unbedingt empfehlenswert, führt er doch zu einem Überdenken vieler vermeintlicher Gewissheiten der eigenen Disziplin. Dem Laien wird dabei en passant noch eine verständliche und interessante Einführung in zentrale Befunde aus Physik und Verhaltensbiologie vermittelt.
Björn Wagner (BW)
Dipl.-Politologe, Doktorand und Lehrbeauftragter, Universität Jena.
Rubrizierung: 5.1 | 5.2 | 5.42 | 5.44
Empfohlene Zitierweise: Björn Wagner, Rezension zu: Peter Döge: Politik neu denken. Frankfurt a. M. u. a.: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/35704-politik-neu-denken_43115, veröffentlicht am 13.06.2013.
Buch-Nr.: 43115
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Dipl.-Politologe, Doktorand und Lehrbeauftragter, Universität Jena.
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