/ 04.12.2014
Georg Glasze
Politische Räume. Die diskursive Konstitution eines "geokulturellen Raums" – die Frankophonie
Bielefeld: transcript Verlag 2013 (Global Studies); 296 S.; kart., 29,80 €; ISBN 978-3-8376-1232-5Geowiss. Habilitationsschrift Mainz. – Wie kann die Existenz eines „geokulturellen Raumes“ konzeptionalisiert und analysiert werden? In dieser Leitfrage macht sich die disziplinäre Herkunft des Verfassers sogleich bemerkbar und doch ist Georg Glaszes Schrift nicht nur geografisch, sondern auch politikwissenschaftlich höchst instruktiv. Ausgehend von einer Darstellung klassisch‑geografischer Forschung und ihrer essentialistischen Raum‑ und (Kollektiv‑)Identitätskonzepte widmet er sich zunächst deren jüngerer Infragestellungen vor allem durch die marxistisch geprägte radical geography und die poststrukturalistisch inspirierten critical geopolitics. Weiß er diese Entwicklungen zwar zu würdigen, so bemängelt er doch ihre unzureichende theoretische Fundierung und nicht zuletzt auch die mangelnden Bemühungen hinsichtlich einer empirischen Operationalisierbarkeit. Die damit identifizierten Lücken beansprucht Glasze mit seinem auf die Hegemonietheorie Laclaus und Mouffes gestützten Entwurf einer poststrukturalistisch informierten Humangeografie zu schließen, der zuerst kenntnisreich theoretisch expliziert und dann auch empirisch zu operationalisieren versucht wird. Die Schwierigkeiten einer nicht nur sprachzentrierten Hegemonieanalyse reflektierend spricht er sich dabei letztlich für die Verfahren der Lexiometrie und der Narrationsanalyse aus. Auf der Grundlage dieses beachtlichen theoretisch‑methodischen Unterbaus erfolgt im zweiten Teil des Buches sodann eine ebenso materialreiche wie anschauliche Analyse der diskursiven Konstitution des „geokulturellen Raumes Frankophonie“. Der diachrone Zugang setzt mit der in den 1950er‑Jahren beobachtbaren allmählichen Verdrängung des Kolonialismusdiskurses durch den der Frankophonie ein und beleuchtet dessen komplexes Entstehungs‑ und Formationsgeschehen. Steht zu Beginn noch die einende Kraft der langue française im Mittelpunkt der diskursiven Raumformation, so wird nach und nach der Begriff der Frankophonie zum Zentralsignifikanten. Mit dieser in den späten 1980er‑Jahren einsetzenden begrifflichen Verlagerung erfolgte auch eine zunehmende artikulatorische Ausrichtung auf interne kulturelle Vielfalt und die Frankophonie entwickelte sich zu einem gegenhegemonialen Projekt gegenüber einer als uniformierend und homogenisierend positionierten angelsächsischen Globalisierung. Insgesamt, so ist zu konstatieren, gelingt Glasze ein eindrücklicher Beitrag im wachsenden, aber nach wie vor zumeist auf theoretischer Ebene verbleibenden Feld der Hegemonieforschung, der insbesondere auch für politikwissenschaftliche Fragestellungen wichtige Einsichten liefert.
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Rubrizierung: 2.2 | 2.23 | 4.1 | 5.42 Empfohlene Zitierweise: Paul Sörensen, Rezension zu: Georg Glasze: Politische Räume. Bielefeld: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/37849-politische-raeume_43991, veröffentlicht am 04.12.2014. Buch-Nr.: 43991 Inhaltsverzeichnis Rezension druckenCC-BY-NC-SA