/ 04.06.2013
Richard Faber (Hrsg.)
Politische Religion - religiöse Politik
Würzburg: Königshausen & Neumann 1997; 349 S.; 58,- DM; ISBN 3-8260-1119-8Auch wenn der Band sich beinahe ausschließlich auf Formen "Politischer Religion" bzw. "Religiöser Politik", wie sie in den USA, Westeuropa und vor allem Deutschland anzutreffen waren oder sind, beschränkt, spannt er z. B. den Bogen von jüdischem und universalistischem Messianismus zu der geschichtsphilosophischen Utopie der Moderne, untersucht den (prä-)faschistischen Neopaganismus. Er fragt nach der christlichen Provenienz einiger unserer Verfassungsgrundlagen. Zur Verdeutlichung stellt er sie der athenischen Demokratie gegenüber. Es gilt "teilweise uralte Traditionsbestände in politisch-theologischen Diskursen" wegen "des historischen Verstehens unserer (auch recht 'ungleichzeitigen') Gegenwart" (11) nachzuweisen. Als Beitrag zu einer "Religionspolitologie" will dieser Sammelband sich verstanden wissen, denn "wer die Religionen kaum kennt, kann sie nicht zureichend kritisieren, ihnen aber auch nicht die Kritik abgewinnen, die in ihnen selbst und ganz vorzüglich enthalten ist: nicht zuletzt jener prophetische Protest, der ein wirkliches und provokatives Erbe der jüdischen und christlichen Bibel darstellt" (17).
Inhalt: Einleitung: Richard Faber: Politische Theologie oder: Was heißt Theokratie? (19-41). I. Charisma, Messianismus und Prophetie: Erhard Stölting: Charismatische Aspekte des politischen Führertums. Das Beispiel Stalins (45-74); Manfred Voigts: Jüdischer und universalistischer Messianismus (75-91); Martin Leutzsch: Prophetie und Politik im Urchristentum (93-106). II. Absolutismus, Deismus und Säkularisierung: Siegfried Detemple: Voltaire und Bossuet oder: Deistische Moral versus theokratischen Absolutismus (109-118); Thomas Schneider: Zwischen Leviathan und Behemoth. Zur Auseinandersetzung mit der politischen Theologie Thomas Hobbes' (119-140). III. Germanismus und Parachristentum im Vor- und Umfeld des Nationalsozialismus: Julia Zernack: Germanische Restauration und Edda-Frömmigkeit (143-160); Justus H. Ulbricht: "Veni creator spiritus" oder "Wann kehrt Bald[u]r heim?" Deutsche Wiedergeburt als völkisch-religiöses Projekt (161-172); Esther Gajek: Germanenkunde und Nationalsozialismus. Zur Verflechtung von Wissenschaft und Politik am Beispiel Otto Höflers (173-203); Yasmin Doosry: Die sakrale Dimension des Reichsparteitagsgeländes in Nürnberg (205-224). IV. Christliche Ethik, deutscher Nationalismus und US-amerikanischer Fundamentalismus: Heinz-Dieter Kittsteiner: Das deutsche Gewissen im 20. Jahrhundert (227-242); Dietrich Braun: "Gott mit uns". Zur Frage der Nation als Thema gegenwärtiger theologischer Ethik (243-266); Frank Unger: Christlicher Fundamentalismus in den Vereinigten Staaten von Amerika (267-289). V. Griechisch-römische Antike als Kontrast und Exempel: Norbert Wokart: Zum Einfluß christlicher Ideen auf politische Verhältnisse. Ein Vergleich moderner und antiker Demokratie (293-308); Jörg Rüpke: Religion und Krieg. Zur Verhältnisbestimmung religiöser und politischer Systeme einer Gesellschaft (309-328). Dossier: Richard Faber: "Das ist die Synagoge, in die ich nicht gehe." Über politisch-religiöse Witze (331-349).
Heinz-Werner Höffken (Hö)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität, Hamburg.
Rubrizierung: 2.23 | 2.35 | 5.3 | 2.312 | 2.4
Empfohlene Zitierweise: Heinz-Werner Höffken, Rezension zu: Richard Faber (Hrsg.): Politische Religion - religiöse Politik Würzburg: 1997, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/6363-politische-religion---religioese-politik_8658, veröffentlicht am 25.06.2007.
Buch-Nr.: 8658
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Dr., wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität, Hamburg.
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