Geschichtswiss. Diss. Kassel; Gutachter: H. Ullrich, J. Flemming. - Die Autorin operiert vom Boden der Verfassungsgeschichte aus, wobei sie die Parteien als einen wesentlichen Teil der Verfassung interpretiert. Sie knüpft an Nipperdey an, nimmt also besonders die Organisation in und die gesellschaftliche Realität hinter den nach außen wahrnehmbaren Parteien ins Blickfeld. Ihr Ziel ist es, die Charakteristika des deutschen Liberalismus im 19. Jahrhundert hinsichtlich seiner Organisationsformen darzustellen. Dazu bietet Cioli zunächst in nationaler Perspektive eine ausführliche Darstellung der Deutschen Fortschrittspartei, der Nationalliberalen Partei und der Liberalen Vereinigung, in der vor allem die informellen Kanäle zwischen Parteispitze und -basis ausgeleuchtet werden. Zur Schärfung der so gewonnenen Konturen folgt am Ende des Bandes ein Vergleich der liberalen Netze im protestantischen Berlin und im katholischen München, sowie ein Vergleich der Liberalen Deutschlands mit denen Italiens. Cioli stützt sich hauptsächlich auf die Nachlässe liberaler Parteiführer (Bamberger, Barth, Bennigsen u. a.). Der organisierte Liberalismus im Untersuchungszeitraum sei insgesamt stark durch Honoratioren und vom Vereinsgedanken getragen gewesen. Das zentrale Kennzeichen der deutschen Liberalen sei außerdem ihr durchweg handlungsleitender Opportunismus gewesen. Da dieser seinerzeit die heute eher unangenehmen Konnotationen noch nicht gekannt habe, spricht Cioli stattdessen (auch im Titel) von Pragmatismus.