Der Erlanger Wissenschaftstheoretiker Paul Lorenzen, dessen Andenken die Aufsatzsammlung gewidmet ist, verstand unter Protophysik jene Disziplinen, welche der empirischen Physik vorausliegen und deren Klärung zugleich eine solche des wissenschaftstheoretischen Status' physikalischer Theorien darstellt. Dementsprechend widmet sich die Protosoziologie den Grundlagen sozialwissenschaftlicher Theoriebildung. Die Protosoziologie ist Gegenstand eines Forschungsprojektes an der Universität Frankfurt a. M., das auch den Rahmen der (ganz überwiegend Original-)Beiträge des vorliegenden Bandes darstellt. Den thematischen Schwerpunkt der Aufsätze bildet die Auseinandersetzung mit dem Lebensweltbegriff, dem heute in verschiedenen soziologischen und philosophischen Richtungen - namentlich in der phänomenologischen Soziologie, der konstruktivistischen Wissenschaftstheorie, der Theorie des kommunikativen Handelns Habermas' und in der Systemtheorie Luhmanns - eine zentrale Bedeutung zukommt. Aufmerksamkeit wird vor allem der Rolle gewidmet, die die Lebensweltkonzeption in der letztgenannten spielt. Inhalt: Gerhard Preyer / Georg Peter / Alexander Ulfig: Einleitung: "Lebenswelt" und "System" in Philosophie und Soziologie (9-25). Zum Begriff der Lebenswelt: Ernst Wolfgang Orth: 'Lebenswelt' als eine unvermeidliche Illusion? Husserls Lebensweltbegriff und seine kulturpolitischen Weiterungen (28-40); Walter Biemel: Gedanken zur Genesis der Lebenswelt (41-54); Alexander Ulfig: Lebenswelt und Reflexion. Anhang: Lebenswelt als Fundament der Wissenschaft (55-80); Gerhard Preyer: Hintergrundwissen: Kritik eines Begriffs (81-92); Hubert A. Knoblauch: Soziologie als strenge Wissenschaft? Phänomenologie, kommunikative Lebenswelt und soziologische Methodologie (93-103). Lebenswelt - Begründung - Wissenschaft: Jürgen Mittelstraß: Das lebensweltliche Apriori (106-132); Peter Janich: Die Rationalität der Naturwissenschaften (133-151); Jürgen Mittelstraß: Rationalität und Reproduzierbarkeit (152-162); Elisabeth Ströker: Lebenswelt durch Wissenschaft: Zum Strukturwandel von Welt- und Selbsterfahrung (163-183); Paul Janssen: Lebenswelt, Wissen und Wissenschaft - Möglichkeiten ihrer Konstellation (184-201); Richard T. Murphy: E. Husserl's Phenomenology of Reason (202-214). Lebenswelt/Lebensform - Sprache: Pierre Kerszberg: Lifeworld and Language (216-227); John F. M. Hunter: The motley Forms of Life in the later Wittgenstein (228-240); Peter A. French: Why did Wittgenstein read Tagore to the Vienna Circle? (241-250); Georg Peter: Die Nebenbeschäftigung der Symbole: Zu Wahrheit und Funktion der Metapher (251-265). System - Sozialsystem - Gesellschaft: Niklas Luhmann: Die Lebenswelt nach Rücksprache mit Phänomenologen (268-289); Niklas Luhmann: Observing Re-entries (290-301); Gerhard Preyer: System-, Medien- und Evolutionstheorie. Zur Gesellschaftstheorie Niklas Luhmanns (302-346); Richard Münch: Autopoiesis per Definitionem (347-356); Hans Zitko: Codierungen der Kunst: Zur Kunstsoziologie Niklas Luhmanns (357-369); James Bohman: The Completeness of Macro-Sociological Explanations: System and Lifeworld (370-381); Göran Ahrne: Outline of an Organisational Theory of Society (382-389); Karl Otto Hondrich: Zu Göran Ahrnes Ansatz (390-392).