/ 05.06.2013
Karl-Heinz Roters
Reflexionen über Ideologie und Ideologiekritik
Würzburg: Königshausen & Neumann 1998 (Epistemata: Reihe Philosophie 229); 177 S.; brosch., 39,80 DM; ISBN 3-8260-1393-XDiss. TH Darmstadt. - Das Buch ist die redaktionell überarbeitete sowie um einige Fußnoten und Literaturangaben ergänzte Version der Dissertation Roters', die im neu hinzugekommenen IX. Kapitel zusätzlich eine gekürzte Version seines im Dezember 1996 gehaltenen Disputationsvortrages enthält. Roters tritt der These entgegen, mit dem Ende des Sowjetmarxismus als der letzten großen Ideologie sei auch das Ende der Ideologiekritik gekommen. Vertretern dieser These wirft er vor, nicht nur einen Begriff des Ideologischen zu verwenden, der zu kurz greift, sondern dies außerdem im Anspruch auf unbegründbare Erkenntnisprivilegien zu tun. Roters kritisiert den systemischen Ideologiebegriff des Kritischen Rationalismus als zu eng, ebenso eine Ideologiekritik in nur historisch-hermeneutischer Perspektive. Ohne selbst den Anspruch zu erheben, "'Ideologieforschung'" (169) zu betreiben, verschmilzt er beides in Reflexionen, die er eher der "transdisziplinären - mithin philosophischen - Selbstverständigungsarbeit" (169) zurechnet. Ideologiekritik kann sich ihm zufolge nie ganz von reflexiver Subjektivität freimachen. Das Ideologische ist objektiv so wenig greifbar, daß bislang jeglicher Versuch einer Einigung auf den Ideologiebegriff zu wenig fruchtbarem Streit verkommen ist und letztlich scheitern mußte. Das Buch besteht aus zwei Teilen. Im ersten stellt Roters die Ideologiekonzepte verschiedener Denker und Schulen kritisch nebeneinander, um im zweiten dann seine eigene Begrifflichkeit darzulegen sowie die seiner Meinung nach noch immer gegebene Sinnhaftigkeit von Ideologiekritik zu begründen.
Inhalt: A. Historisch-systematische Reflexionen: I. Überwindung der ideologischen Bewußtseinsform?: Ideologisches und Nichtideologisches im Denken von Karl Marx und Friedrich Engels; II. Die Macht des Gegenständlichen (Georg Lukács); III. Die "Abgründigkeit" des Ideologiebegriffs oder "wie jede Klarheit nur im Elemente des Unklaren ist" (Karl Mannheim); IV. Die Kritiker der Mannheimschen Wissenssoziologie: 1. Vom Wahrheitspathos der anklägerischen Ideologiekritik (Max Horkheimer); 2. Erkenntnishygiene und Gegenpathos (Theodor Geiger). V. Vom Segen und Unsegen wissenschaftlich-technischer Rationalität: 1. Ideologie und Ideologiekritik nach dem Ende der "Hochideologien" (Ernst Topitsch); 2. Die legitimierende Kraft des technokratischen Bewußtseins (Jürgen Habermas). VI. Die Überbauinstanzen und der eigentümlich zwanglose Zwang zur freiwilligen Unterwerfung: 1. Die ideologischen Staatsapparate (Louis Althusser); 2. Der Pakt mit den "ideologischen Mächten" (Wolfgang Fritz Haug). B. Systematischer Diskurs: VII. Ideenrede und Bewußtseinsabstraktion; VIII. Der konstitutive Realitätsbezug, die Funktionen und die Energetik des ideologischen Bewußtseins; Exkurs: Zur Topographie der ideologischen Sprache; IX. Über den Mitteilungssinn von Ideologiekritik.
Thomas Nitzsche (TN)
M. A., Fachreferent für Politikwissenschaft, Soziologie und Wirtschaftswissenschaft an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek in Jena (ThULB).
Rubrizierung: 5.43
Empfohlene Zitierweise: Thomas Nitzsche, Rezension zu: Karl-Heinz Roters: Reflexionen über Ideologie und Ideologiekritik Würzburg: 1998, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/7419-reflexionen-ueber-ideologie-und-ideologiekritik_9879, veröffentlicht am 01.01.2006.
Buch-Nr.: 9879
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M. A., Fachreferent für Politikwissenschaft, Soziologie und Wirtschaftswissenschaft an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek in Jena (ThULB).
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