/ 02.06.2016

Anja Banzhaf
Saatgut. Wer die Saat hat, hat das Sagen
München: oekom verlag 2016; 271 S.; 19,95 €; ISBN 978-3-86581-781-5Anja Banzhaf, Ressourcenökonomin und Botanikerin, gibt mit ihrem Werk einen so breitgefächerten wie leidenschaftlichen Überblick über die politisch‑ökonomische und emanzipatorische Bedeutung des Saatguts. Dabei zeichnet die selbsternannte Garten‑ und Saatgutaktivistin ein differenziertes Bild der ökonomischen und machtpolitischen Implikationen, die mit einer Privatisierung des Saatgutes einhergehen, und offenbart damit seine enorme kulturelle wie politische Relevanz. Saatgut bildet nicht nur die logische Grundlage der Nahrungsmittelversorgung, es ist auch als sich selbst vermehrendes Gut die jahrtausendealte lebensnotwendige Basis kultureller Landwirtschaft. Ausgehend von diesen Grundlagen erzählt die Autorin im ersten Teil des Buches die Geschichte des Saatgutes sowie der Saatzucht und erläutert den zunehmenden Verlust an Diversität und Wissen, eingeleitet und bestärkt durch die Privatisierung von Saatgut und der Einführung nichtfortpflanzungsfähiger Hybridpflanzen. Ihre Beschreibung der modernen Agrar‑ und Saatgutindustrie macht deutlich, dass Saatgut nicht nur ein Schlüssel zu einem globalen Markt ist, sondern auch einen erheblichen Einfluss auf die globale Ernährungssicherheit ausübt, wodurch industrielle Akteure ein enormes Machtpotenzial entfalten konnten. Die Autorin beschreibt dies aus einer eindeutigen, aber fundierten kritischen Haltung und widmet sich daher im zweiten Teil des Buches der Frage, wie Saatgut wieder zu einem allgemeinen und kostenfreien Gut werden kann. Hierzu wird eine Vielzahl von (internationalen) Beispielen und Interviews mit Landwirten, Gärtnern und Aktivisten angeführt, die spezifische Aspekte der Thematik auf erhellende Weise beleuchten. Die Erfahrungen dieser Akteure verdeutlichen, wie zukunftsweisend die hier aufgeworfenen Fragen nach einer solidarischen Landwirtschaft, Agrarökologie und Ernährungssouveränität sind. Weiterhin ist der Haupttext des Buches durch verschiedene Exkurse angereichert, die interessante biologische, historische und politische Details spezifizieren. Es lässt sich festhalten, dass dieses so engagierte wie reich illustrierte Werk eine differenzierte und kenntnisreiche Einführung in die politischen Implikationen der Saatgutthematik gibt – zugleich aber auch Begeisterung für die Beschäftigung mit Saatgut und Pflanzenzucht wecken möchte.
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Rubrizierung: 4.45 | 4.43 | 2.263 Empfohlene Zitierweise: Martin Repohl, Rezension zu: Anja Banzhaf: Saatgut. München: 2016, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/39733-saatgut_48306, veröffentlicht am 02.06.2016. Buch-Nr.: 48306 Inhaltsverzeichnis Rezension druckenCC-BY-NC-SA