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/ 20.06.2013
Martin Sabrow (Hrsg.)

Skandal und Diktatur. Formen öffentlicher Empörung im NS-Staat und in der DDR

Göttingen: Wallstein Verlag 2004; 269 S.; brosch., 28,- €; ISBN 3-89244-791-8
Trotz des Fehlens einer freien Presse „wiesen auch die Gewaltherrschaften des 20. Jahrhunderts unbezweifelbar öffentliche Räume auf“ (17), schreibt Sabrow, auch wenn diese manchmal nur aus Ansammlungen von Wartenden vor einem Geschäft bestanden. „Immer blieb die Öffentlichkeit im Nationalsozialismus ebenso wie im SED-Staat ein verästeltes und unberechenbares Gebilde“ (22). Aber wie kann sich „die Trias von Mißstand, Aufsehen und Empörung“ (24) in der diktatorisch beeinflussten Sphäre der öffentlichen Kommunikation entfalten? Die Autoren analysieren sehr unterschiedliche Skandale wie die Funktionalisierung der Homosexualität Röhms als Instrument in einem Machtkampf innerhalb der NS-Führung oder die Ausbürgerung Biermanns aus der DDR 1976. Dabei zeige sich, so Sabrow, dass „paradoxerweise Diktaturen auf öffentliche Resonanz in einem weit höheren Maße angewiesen sind als demokratische Systeme“ (24). Die Beispiele zeigen, dass es zwar systemstabilisierende, von der Führung hervorgerufene Skandale gegeben hat. Andere dagegen sind der Herrschaftskontrolle entglitten und haben eine beachtenswerte destabilisierende Wirkung entfaltet. Aus dem Inhalt: Martin Sabrow: Politischer Skandal und moderne Diktatur (7-32) Susanne zur Nieden / Sven Reichardt: Skandale als Instrument des Machtkampfes in der NS-Führung. Zur Funktionalisierung der Homosexualität von Ernst Röhm (33-58) Frank Bajohr: Der folgenlose Skandal. Korruptionsaffären im Nationalsozialismus (59-76) Christiane Kuller / Axel Drecoll: Inszenierter Volkszorn, ausgebliebene Empörung und der Sturz Julius Streichers. Reaktionen auf die wirtschaftliche Ausplünderung der deutschen Juden (77-101) Winfried Süß: „Dann ist keiner von uns seines Lebens mehr sicher“. Bischof Galen, der katholische Protest gegen die „Euthanasie“ und der Stopp der „Aktion T4“ (102-129) Armin Nolzen: Der Heß-Flug vom 10. Mai 1941 und die öffentliche Meinung im NS-Staat (130-156) Bernd Florath: Das philosophische Argument als politischer Skandal. Die Herausforderung der SED durch Robert Havemann (157-193) Thomas Lindenberger: In den Grenzen der Parteiöffentlichkeit. Polizei und Skandal in der staatssozialistischen Diktatur (194-211) Stefan Wolle: Lanzelot und der Drache. Skandal und Öffentlichkeit in der geschlossenen Gesellschaft der DDR am Beispiel der Ausbürgerung des Liedermachers Wolf Biermann im November 1976 (212-230) Martin Sabrow: Die Wiedergeburt des klassischen Skandals: Öffentliche Empörung in der späten DDR (231-265)
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.352.3122.314 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Martin Sabrow (Hrsg.): Skandal und Diktatur. Göttingen: 2004, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/22479-skandal-und-diktatur_25652, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 25652 Rezension drucken
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