Skip to main content
/ 19.09.2013
Eva Katharina Sarter

Sozialpolitik zwischen Tradition und Moderne. Staatliche Regelungen im Schnittfeld von Arbeitsmarktintegration und Reproduktion in Deutschland, Frankreich und Spanien

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2012; 242 S.; brosch., 44,- €; ISBN 978-3-8329-7601-9
Diss. FU Berlin. – Schon in der Lissabon‑Strategie (2000) war die Steigerung der Beschäftigungsquoten ein zentraler Hebel, um die Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union zu verbessern. Im aktuellen EU 2020‑Zielsystem ist diese Perspektive noch einmal verstärkt worden – dabei werden Potenziale einer Ausweitung von Beschäftigung in erster Linie in einer steigenden Erwerbsbeteiligung von Frauen gesehen. Die Autorin befasst sich in ihrer Arbeit mit einer die Praktiken in Deutschland, Frankreich und Spanien vergleichenden Analyse von Freistellungsregelungen zur Kinderbetreuung. Mit beidem – der thematischen Ausrichtung wie der Länderauswahl – greift Eva Katharina Sarter ein bisher kaum untersuchtes Feld der Sozialpolitikforschung auf. Auch in konzeptioneller Hinsicht unterscheidet sich die Studie von etlichen variablenorientierten Ländervergleichen, geht es hier doch um die Frage, inwiefern länderspezifische Unterschiede in der Ausgestaltung der Freistellungsregelungen mit kulturellen Traditionen erklärt werden können. In ausführlicher Auseinandersetzung mit komparatistischen Ansätzen erläutert Sarter das von ihr verwendete Design eines most similar cases approach und die auf Basis der Dimensionen Wohlfahrtsregime und Geschlechterregime vorgenommene Länderauswahl. In der anschließenden kultursensiblen Fallanalyse arbeitet sie die relevanten kulturellen und strukturellen Traditionslinien heraus, die in den drei Staaten den historischen Verlauf der Geschlechterverhältnisse prägen. Als zentrales Ergebnis zeigt sich, dass die unterschiedliche Gestaltung von Freistellungsregelungen wesentlich davon abhängt, ob in den Ländern normative Setzungen „sekundäre Betreuungsarrangements“ (169) ermöglichen. Während Deutschland nach wie vor die Betreuungsarbeit in die Zuständigkeit der Kleinfamilie verweist, profitieren die Regelungen in Frankreich und Spanien von den vorhandenen Traditionen staatlicher beziehungsweise großfamiliärer Übernahme von Betreuung. Daraus ergeben sich unterschiedliche Modernisierungsansätze für das Verhältnis von Erwerbs‑ und Reproduktionsarbeit – diese sind in Spanien und Frankreich stärker auf egalitäre Erwerbsmuster ausgerichtet als in Deutschland.
Thomas Mirbach (MIR)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Lawaetz-Stiftung Hamburg, Lehrbeauftragter, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.2622.3422.612.272.363.52.31 Empfohlene Zitierweise: Thomas Mirbach, Rezension zu: Eva Katharina Sarter: Sozialpolitik zwischen Tradition und Moderne. Baden-Baden: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/36190-sozialpolitik-zwischen-tradition-und-moderne_43088, veröffentlicht am 19.09.2013. Buch-Nr.: 43088 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
CC-BY-NC-SA