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/ 04.06.2013
Erwin Peter / Alexander E. Epifanow

Stalins Kriegsgefangene. Ihr Schicksal in Erinnerungen und nach russischen Archiven

Graz/Stuttgart: Leopold Stocker Verlag 1997; 350 S.; Ln., 49,80 DM; ISBN 3-7020-0780-6
Die Öffnung eines großen Teils der Armee- und Geheimdienstarchive der ehemaligen Sowjetunion ermöglicht es seit einigen Jahren, genauere Auskunft über die Situation und den Verbleib deutscher Kriegsgefangener während und nach dem Zweiten Weltkrieg zu erhalten. Neben einer offiziellen russischen Historikerkommission, deren Aufgabe es ist, die Berechtigung der in einer Vielzahl von Kriegsverbrecherprozessen ergangenen Urteile sowjetischer Militärgerichte gegen Kriegsgefangene zu überprüfen und ggf. Justizopfer zu rehabilitieren, konzentrieren sich die Forschungen seitens russischer Wissenschaftler in diesem Zusammenhang auf die umfassende systematische Auswertung des Aktenmaterials, um die wichtigsten Aspekte von Kriegsgefangenschaft in der Sowjetunion zu klären. Hierzu zählen die Gefangennahme und der Abtransport in Übergangs- und Sammellagern, die Haftumstände, der Arbeitseinsatz von Gefangenen, ihre politische Umerziehung im Rahmen antifaschistischer Aufklärungs- bzw. Propagandaarbeit in den Lagern bis hin zu den Bedingungen ihrer Entlassung und den Umständen ihrer Rückführung nach zum Teil jahrelanger Gefangenschaft. Der vorliegende Band basiert auf einer Auswahl aus den im Rahmen dieser Forschungsarbeiten zutage getretenen Dokumenten sowie Selbstzeugnissen und Briefen deutscher sowie österreichischer Kriegsgefangener. Die Auswahl will ein möglichst repräsentatives und detailreiches Bild vom "Schicksal" der deutschen Kriegsgefangenen in Rußland vermitteln, weshalb kurze Kommentare des deutschen Autors (selbst ehemaliger Kriegsgefangener) jeweils in das umfangreiche Quellenmaterial einführen. Gerade das Neben- und Gegeneinander der amtlichen Verordnungen, Weisungen und Statistiken einerseits und der Beschreibung und Kommentierung der Gefangenschaftserfahrungen aus der Sicht der Betroffenen andererseits verdeutlicht, wie komplex und widersprüchlich die Situation auf dem Transport und in den Lagern vielfach war, und wie die Behandlung der Gefangenen insgesamt von politischen, ökonomischen und menschlichen Faktoren bestimmt wurde, die von einem einheitlichen System bzw. einer bestimmten Politik in der Kriegsgefangenenfrage nur bedingt sprechen lassen.
Michael Hein (HN)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Arbeitsstelle für graphische Literatur, Universität Hamburg, freier Lektor, Übersetzer, Publizist.
Rubrizierung: 2.622.3122.313 Empfohlene Zitierweise: Michael Hein, Rezension zu: Erwin Peter / Alexander E. Epifanow: Stalins Kriegsgefangene. Graz/Stuttgart: 1997, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/3781-stalins-kriegsgefangene_5061, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 5061 Rezension drucken
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