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/ 22.06.2013
Klaus Mühlhahn / Nathalie van Looy (Hrsg.)

The Globalization of Confucius and Confucianism

Wien/Berlin: Lit 2012 (Berliner China-Hefte 41); 156 S.; brosch., 29,90 €; ISBN 978-3-643-90305-1
Von allen Weltreligionen sei der Konfuzianismus „am wenigsten für den kapitalistischen Fortschritt geeignet“ (3), lautete schon ein Diktum Max Webers. Nach der Lektüre der Beiträge zum Schwerpunktthema des Heftes ist man ohne zu zögern bereit, dem zuzustimmen – obwohl die chinesischen Autoren, die zu Wort kommen, entgegengesetzter Meinung sind. Dass ein Beitrag fehlt, in dem versucht wird, ihre Positionen und die kritischen Analysen der deutschen Autoren auszumitteln, ist wahrscheinlich klug: „Meistens gibt es im Kulturaustausch doch unglaubliche Missverständnisse“ (Hans van Ess, 64). Dennoch ist es spannend, was die Wissenschaftler, die sich im Juni 2011 bei einem Workshop der FU Berlin und der Peking‑Universität in Berlin trafen, über den seit einigen Jahren nicht nur in der Volksrepublik populären Neo‑Konfuzianismus berichten. Am Anfang steht nicht nur die Feststellung, dass der Konfuzianismus lange Zeit auch in China als fortschritthemmend betrachtet wurde und zum Teil auch heute noch abgelehnt wird. Im ersten Beitrag über dessen historische Rezeption in Europa – vor allem durch Leibniz – wird zudem deutlich, dass diese Lehre hier nie als ebenbürtige Philosophie betrachtet wurde. Der Literatur‑Professor Gu Zhengkun aber preist in seinem Beitrag den neu interpretierten Konfuzianismus als universalen moralischen Ratgeber und Lösung für die sozialen Probleme nicht nur in China. Klaus Mühlhahn und Hans van Ess erklären, unter welchen konkreten Vorzeichen dies zu verstehen ist – auch angesichts der Tatsache, dass unter Hinweis auf sogenannte asiatische Werte wiederholt von autoritären Regimen versucht wurde, „Individuen zum Gehorsam zu zwingen“ (Hans van Ess, 70). Als kritische Kerninhalte des (Neo‑)Konfuzianismus kristallisieren sich die Absage an die Zivilgesellschaft heraus (wichtig sind Familie und Staat), die Idee des respektvollen Umgangs miteinander statt – zugespitzt formuliert – eines verbindlichen Rechtsstaates, der Glaube an Hierarchien und die Unterordnung der Frauen. Die Erfolgsaussichten derjenigen Konfuzius‑Anhänger in China, Taiwan oder Singapur, die über diese Lehre Tradition und Moderne verbinden wollen, sind also fraglich. „Für ‚Konfuzianismus global‘ wird es notwendig sein, diese Probleme zu lösen und die gegensätzlichen Positionen zu vereinen“ (71), schreibt Hans van Ess so höflich wie eindeutig.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 5.345.335.322.234.432.68 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Klaus Mühlhahn / Nathalie van Looy (Hrsg.): The Globalization of Confucius and Confucianism Wien/Berlin: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/35801-the-globalization-of-confucius-and-confucianism_43464, veröffentlicht am 25.04.2013. Buch-Nr.: 43464 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
CC-BY-NC-SA