/ 21.06.2013
Dirk Mellies
Trojanische Pferde der DDR? Das neutralistisch-pazifistische Netzwerk der frühen Bundesrepublik und die Deutsche Volkszeitung, 1953-1973
Frankfurt a. M. u. a.: Peter Lang 2007 (Europäische Hochschulschriften: Reihe III, Geschichte und ihre Hilfswissenschaften 1039); 181 S.; brosch., 39,- €; ISBN 978-3-631-55825-6Geschichtswiss. Magisterarbeit Greifswald; Betreuer: T. Stamm-Kuhlmann. – Der Autor nimmt die 1953 gegründete „Deutsche Volkszeitung“ zum Gegenstand einer Netzwerkanalyse mit dem Ziel, das neutralistisch-pazifistische Milieu in der Bundesrepublik zu beschreiben. Das politische Ziel sei gewesen, „über eine Neutralisierung Deutschlands die Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten zu ermöglichen“ (15). Zu den Akteuren gehörten im engeren und weiteren Sinne Gustav Heinemann, Johannes Rau, Martin Niemöller, Erhard Eppler, Ulrich Noack, Renate Riemeck und andere. Mellies stellt 256 ausgewählte Personen auch grafisch in einem Netzwerk dar mit dem Ergebnis, dass sich dessen Dichte im Laufe der Jahre sichtbar verringerte. Anfangs seien vor allem Persönlichkeiten in diesem Milieu zu finden gewesen, „die sich in irgendeiner Form im Widerstand gegen den Nationalsozialismus ausgezeichnet hatten“ (158) – ohne politisch nur einer Strömung angehört zu haben. Zu den Autoren der „Deutsche Volkszeitung“ zählten Linkskatholiken, konservative Nationalneutralisten, Protestanten, Linkssozialisten und Kommunisten. Die Zeitung sei allerdings während der gesamten Zeit ihres Bestehens von Kommunisten dominiert worden und habe nur durch finanzielle Zuwendungen aus der DDR überlebt, 1968 sei das Blatt unter die vollständige Kontrolle der DKP geraten. Die Autoren dieser Zeitung (wie überhaupt die neutralistisch-pazifistischen Oppositionellen) hätten zwar versucht, autonom gegenüber den Zielen der SED zu agieren. Tatsächlich aber seien sie von den Einflusszonen von Politik und Gesellschaft isoliert gewesen und hätten ihre Rolle maßlos überschätzt. Mellies nennt diese deshalb „nützliche Idioten“ (155). Die Mehrheit der neutralistisch-pazifistischen Politiker aber habe spätestens in den sechziger Jahren in der SPD eine neue politische Heimat gefunden und diese damit gleichzeitig für kirchliche Kreise geöffnet.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.313 | 2.314 | 2.331 | 2.333
Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Dirk Mellies: Trojanische Pferde der DDR? Frankfurt a. M. u. a.: 2007, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/27562-trojanische-pferde-der-ddr_32341, veröffentlicht am 16.08.2007.
Buch-Nr.: 32341
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