Politische und kulturelle Grenzüberschreitungen sind für die Herausgeber "im allgemeinsten Sinne [...] das Projekt des 20. Jahrhunderts" (7). Dieses Leitthema wird in drei Bereichen konkretisiert. Der erste Teil enthält drei Beiträge zur Kommunitarismus-Liberalismus-Debatte, einmal Auszüge aus Rüstows "Ortsbestimmung der Gegenwart" von 1957, dazu zwei kontroverse Aufsätze. Thema des zweiten Teils ist das Phänomen "Nation". Link untersucht die "Nationalcharaktere" des Kaiserreichs und zieht Parallelen zu heute. Thomä nähert sich dem Gegensatz zwischen Irrealität und metaphysischer Sehnsucht nach der Nation durch Analysen der Positionen von Roman Herzog, Wolfgang Schäuble, Karl-Otto Hondrich und Heiner Müller. Den dritten Schwerpunkt bildet der Krieg in Bosnien und seine Verarbeitung durch Schriftsteller und Intellektuelle aus dem ehemaligen Jugoslawien einerseits, Reaktionen der deutschen Intellektuellen andererseits. Inhalt: Frauke Meyer-Gosau / Wolfgang Emmerich: Vorwort (7-13). I. Alexander Rüstow: Vereinzelung und Vermassung (14-28); Sibylle Tönnies: Warnendes Hörnleintuten (29-41); Lothar Probst: Die Angst vor der Kommunitarismusdiskussion. Oder: Grenzen des intellektuellen Denkens in Deutschland (43-60). II. Jürgen Link: Der "Nationalcharakter" als innere Grenze (62-84); Dieter Thomä: Ein metaphysischer Krach um die Nation. Robert Musil im Streit mit Roman Herzog und anderen unfolgsamen Nachfolgern (85-108). III. Ivo Andri´c: Brief aus dem Jahr 1920 (109-127); Paul Parin: Kontroversen um Ivo Andri´c (128-132); Ka´ca Celan: Über das Hotel "Europa" und die Zukunft, die schon vergangen ist (133-136); Richard Wagner: Die deutschen Intellektuellen und die Rückkehr des Krieges nach Europa (137-153); Dieter Senghaas: Lehren aus den Kriegen im ehemaligen Jugoslawien (154-168); Ka´ca Celan: Rülpser beim Leichenschmaus oder Über die Bananen (169-176); Miljenko Jergovi´c: Das Grab (177-182); Giwi Margwelaschwili: Buchweltwirklichkeit. Ontotextologische Versuche (183-197); Bettina Gruber: Imperative der Grenzüberschreitung. Rückblick auf ein historisches Motiv der Avantgarde (198-217).