Form und Einfluss des Staates auf die Gesellschaft werden durch das Recht begrenzt. Aber auch das Recht wird durch wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklungen stets mit seinen Grenzen konfrontiert – die es sich selbst gesetzt hat und regelmäßig nachziehen muss. Wo aber verlaufen sie genau? Und welche praktischen Fragen stellen sich für die Grenzziehung bei aktuellen Entwicklungen wie z. B. dem Integritätsmanagement für Unternehmen, der Euro‑Krisenbewältigung oder dem Ausbau erneuerbarer Energien nordwestlich der Insel Borkum? Mit diesem heterogenen Themenkomplex beschäftigt sich die Festschrift, die Stefan Talmon zum 70. Geburtstag des Juristen Wolfgang Graf Vitzthum vorlegt. Andreas Pohlmann zeichnet darin nach, wie die Entwicklung von grenzüberschreitend tätigen Unternehmen und deren kommerziellen Aktivitäten auch von Korruption begleitet wurde. Um einem daraus entstehenden Unternehmensschaden eine Grenze zu setzen, wurden – so die weitere Erläuterung – Kontrollsysteme (Stichwort: Compliance) entwickelt. Wo in der Euro‑Krise die Grenze der Legitimität verlaufen kann, untersucht Martin Nettesheim und bemerkt gleich zu Beginn seiner Ausführungen, wie sehr die Entscheidungen zur Bewältigung der Krise intergouvernemental und in einem „intransparenten Umfeld unter dem Druck der Märkte“ (178) getroffen wurden. Wolfram Hertel zeigt, wie der Bau eines Windparks auf vertraglich nicht eindeutig abgegrenztem Hoheitsgebiet zwischen Deutschland und den Niederlanden mit rechtlichen Problemen (Haftungsfragen, Sitz der Gerichtsbarkeit) belegt ist. Die Grenzziehung ist, das ergibt die Übersicht über die weiteren Beiträge in diesem gut lesbaren Band, selten eine abgeschlossene Sache – bei der Lektüre entsteht ein bleibender Eindruck der Dynamiken, die sich immer wieder entfalten.