/ 04.06.2013
Michael Walzer
Über Toleranz. Von der Zivilisierung der Differenz. Aus dem Amerikanischen von Christiana Goldmann. Mit einem Nachwort von Otto Kallscheuer
Hamburg: Rotbuch Verlag 1998; 169 S.; 28,- DM; ISBN 3-88022-639-3"Wie auch bei anderen Dingen, die uns am Herzen liegen, sollten wir uns fragen, wodurch Toleranz möglich wird, wie sie funktioniert: Das ist das Hauptziel dieses Essays." (8) Es geht Walzer also nicht um eine theoretisch-philosophische Untersuchung über Toleranz als Tugend, sondern darum, sie in der praktischen Ausübung zu ergründen. Die prinzipielle Wünschbarkeit von Toleranz wird nicht hinterfragt; sie bildet die Bedingung friedlicher Koexistenz angesichts von Differenz und ermöglicht umgekehrt erst Differenz. Auf dieser Basis entwickelt Walzer verschiedene Modelle der Toleranz, je nachdem ob sie sich auf Gruppen oder Individuen bezieht und wie Gruppen oder Individuen toleriert werden. Einige seiner Modelle sind dabei trotz des praktischen Anspruchs eher von rein akademischer Bedeutung - beispielsweise die Toleranz gegenüber Volksgruppen in multinationalen Imperien wie dem römischen Reich. Dagegen zeichnen sich seine Gedanken zu dem, was er als "postmodernes Projekt" (106) der Toleranz bezeichnet, durch große Aktualität aus: Die allgegenwärtige Erfahrung von diffuser Differenz, ohne fest umrissene oder exklusive Identitäten und mit vielfach überlappenden Gruppenzugehörigkeiten, denen er freilich - und spätestens hier zeigt sich der Kommunitarist in aller Deutlichkeit - die eher gleichgültige Toleranz fest gefügter, relativ autonomer kleiner Gruppen vorzieht.
Markus Lang (ML)
Dr., Politikwissenschaftler.
Rubrizierung: 5.42 | 2.23
Empfohlene Zitierweise: Markus Lang, Rezension zu: Michael Walzer: Über Toleranz. Hamburg: 1998, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/5574-ueber-toleranz_7266, veröffentlicht am 01.01.2006.
Buch-Nr.: 7266
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Dr., Politikwissenschaftler.
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