Als Reaktion auf die Kultur- und Zivilisationskrise zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde "Verantwortung" zu einem Schlüsselbegriff der Ethik. Seit Max Webers Vortrag Politik als Beruf steht das pragmatische Abwägen von Handlungsfolgen, insbesondere beim Einsatz legitimer staatlicher Gewalt, einer an christlichen Prinzipien orientierten Gesinnungsethik gegenüber. Die Autoren des vorliegenden Bandes sind beide Hochschuldozenten für Systematische Theologie. Sie belegen eindrucksvoll die Vereinbarkeit sozialwissenschaftlicher, philosophischer und theologischer Ansätze zur Begründung einer "Ethik der Person" als mögliche Antwort auf die Krisenerscheinungen am Ende dieses Jahrhunderts. Müller steht in der "Tradition liberalen Denkens, das gleichwohl einen theologisch-ethischen Verantwortungsbegriff als möglich ansieht, wenn er an einem übergreifenden gesellschaftlichen Konsens, etwa im Sinne Rawls, partizipiert" (12). Ausgehend von der universalistischen Gerechtigkeitskonzeption des politischen Liberalismus ist ein allgemein nachvollziehbares ethisches Minimum bestimmbar. Dieser formale Rahmen ermöglicht einer partikularistischen Ethik die angemessene Reflexion der Herausforderungen einer multiperspektivischen Gesellschaft. Die inhaltliche Ausführung eines theologisch begründeten Verantwortungsbegriffes kann hingegen spezifischen Anliegen gerecht werden und für die Identität eines Menschen von entscheidender Bedeutung sein. Kreß entfaltet den Personbegriff anhand theologischer Grundüberzeugungen sowie der neuzeitlichen Denktradition und konfrontiert ihn mit der "normativen Bewertung politischer wie wissenschaftlicher und technischer Macht" (151). Vor diesem Hintergrund erörtert er exemplarisch den Gehalt einer Verantwortungsethik an aktuellen Themen der medizinischen Ethik, der Sexualethik und der Ethik der Bildung. Inhalt: Wolfgang Erich Müller: Der Begriff der Verantwortung in der gegenwärtigen theologischen und philosophischen Diskussion (11-113); Hartmut Kreß: Verantwortungsethik als Ethik der Person (115-238).