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/ 10.04.2014
Ian Bruff / Matthias Ebenau / Christian May / Andreas Nölke (Hrsg.)

Vergleichende Kapitalismusforschung: Stand, Perspektiven, Kritik. Hrsg. im Auftrag der Assoziation für kritische Gesellschaftsforschung

Münster: Westfälisches Dampfboot 2013; 290 S.; 24,90 €; ISBN 978-3-89691-928-1
Der Ausgangspunkt dieses Bandes ist die Unzufriedenheit der Herausgeber mit den Reaktionen der dominanten (neoinstitutionalistischen) Ansätze der vergleichenden Kapitalismusforschung (VKF) auf die seit einigen Jahren andauernde Wirtschaftskrise. Die Aufmerksamkeit dieser Ansätze habe vor allem den unterschiedlichen Reaktionen auf die Krise gegolten, während die national spezifischen sowie nationenübergreifenden systemischen Ursachen praktisch keine Beachtung gefunden hätten. Mit anderen Worten: Paradoxerweise weist die VKF ungeachtet ihres zentralen Analysegegenstandes praktisch keinerlei kapitalismustheoretische Fundierung auf. Dies ist zunächst nicht als Grundsatzkritik zu verstehen, sondern als Manko, das es im Rahmen einer zukunftsfähigen Kapitalismusforschung zu beheben gilt (auch angesichts der Tatsache, dass Kritik an der VKF mittlerweile selbst aus den eigenen Reihen geäußert wird). Ziel der Herausgeber und Autor_innen ist es dementsprechend, zunächst eine kritische Bestandsaufnahme der dominanten Ansätze vorzunehmen, um im zweiten und dritten Teil des Bandes schließlich einen Dialog zwischen neoinstitutionalistischen Ansätzen einerseits und kritischen – im weitesten Sinne (neo‑)marxistischen – Positionen andererseits zu initiieren. Zugleich sollen Letztere damit aus ihrer akademischen Randständigkeit der vergangenen Jahre zurückgeholt und auf ihr Potenzial zur Erklärung gegenwärtiger politökonomischer Prozesse verwiesen werden. Die Beiträge gehen nahezu allesamt auf eine Tagung der Assoziation für kritische Gesellschaftsforschung (AkG) im Februar 2012 zurück, die im Rahmen des an der Universität Frankfurt a. M. angesiedelten Forschungsprojektes „Vergleich, Analyse, Kritik: Neue Ansätze zur Erforschung kapitalistischer Diversität“ abgehalten wurde. Die Aufsätze führen nicht nur in die zeitgenössischen Debatten der vergleichenden Kapitalismusforschung ein, sondern decken darüber hinaus ein breites inhaltliches und methodisches Spektrum ab. So finden Transformationsökonomien ebenso Berücksichtigung wie Geschlechterfragen, regulationstheoretische Überlegungen ebenso wie Ansätze aus der Geografie. Obwohl nicht alle Beiträge uneingeschränkt den selbstgestellten qualitativen Anforderungen des Bandes nachkommen, ergibt sich ein insgesamt aufschlussreiches Bild, an das sich inhaltlich und theoretisch weiter anknüpfen lässt. Ein ausblickendes Schlusskapitel der Herausgeber hätte diese Aufgabe noch erleichtert, dieses sucht man aber leider vergeblich. Dennoch ist das Buch als Einführung wie auch als lesenswerter Beitrag zur Fortentwicklung der Disziplin sehr zu empfehlen.
Björn Wagner (BW)
Dipl.-Politologe, Doktorand und Lehrbeauftragter, Universität Jena.
Rubrizierung: 5.25.452.22 Empfohlene Zitierweise: Björn Wagner, Rezension zu: Ian Bruff / Matthias Ebenau / Christian May / Andreas Nölke (Hrsg.): Vergleichende Kapitalismusforschung: Stand, Perspektiven, Kritik. Münster: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/36945-vergleichende-kapitalismusforschung-stand-perspektiven-kritik_43998, veröffentlicht am 10.04.2014. Buch-Nr.: 43998 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
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