/ 17.06.2013
Karen Laß
Vom Tauwetter zur Perestrojka. Kulturpolitik in der Sowjetunion (1953-1991)
Köln/Weimar/Wien: Böhlau Verlag 2002; 448 S.; brosch., 39,90 €; ISBN 3-412-16801-7Philolog. Diss. Bochum. - In der UdSSR wurde Kunst in jeder Form vor allem eine politische Funktion zugewiesen, nämlich die sowjetischen Bürger gemäß der kommunistischen Ideologie zu erziehen und zu bilden. Um dies zu gewährleisten, wurde ein gigantischer Kontrollapparat aufgebaut, der es der KPdSU erlaubte, in den Schaffensprozess der Künstler einzugreifen. Eine besondere Stellung besaßen dabei die künstlerischen Verbände, in die Partei- und KGB-Funktionäre integriert waren. Sie dienten als Transmissionsriemen, mit dessen Hilfe aktuelle parteipolitische Ziele propagiert werden konnten. Diese Untersuchung analysiert für die Bereiche der russischen Literatur, der Musik und der bildenden Kunst die Interaktionsmechanismen zwischen den führenden politischen Eliten, Verbandsfunktionären und Künstlern und bietet dabei eine Gesamtdarstellung des kulturpolitischen Wandels in der Sowjetunion von der poststalinistischen Tauwetterperiode bis zur Perestrojka-Zeit. Die Arbeit zeichnet nach, wie sich die sowjetische Kultur in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts entwickelt hat, mit welchen Mitteln die offizielle Kultur gelenkt wurde und welche Nischen es für nonkonforme Kunst gab. Nicht zuletzt wird deutlich, wie die Kulturschaffenden eine führende Rolle während der Perestrojka übernehmen konnten.
Inhaltsübersicht: 1. Der Aufbau des Kontrollapparates; 2. Von Stalins Tod zum XX. Parteitag der KPdSU; 3. Der XX. Parteitag und seine Folgen für die Kultur der Sowjetunion; 4. Ausbrüche aus den vorgegebenen Grenzen: Die sowjetische Kultur Ende der fünfziger und Anfang der sechziger Jahre; 5. Der Besuch Chrušcevs auf der Ausstellung zum dreißigjährigen Bestehen der Moskauer Abteilung des Künstlerverbands und die Folgen für die gesamte sowjetische Kultur; 6. Chrušcevs Sturz und die Etablierung der neuen Machthaber - verschärfte Maßnahmen gegen Kulturschaffende; 7. Die nonkonforme Kunst der sechziger Jahre; 8. Die Kulturpolitik unter Breznev in der zweiten Hälfte der sechziger Jahre - Strafprozesse gegen Kulturschaffende und Protest; 9. Kultur zu Beginn der siebziger Jahre - Folgen der strikten Parteikontrolle; 10. Das Jahr 1974 - Ausbrüche in allen künstlerischen Bereichen; 11. Die zweite Hälfte der siebziger Jahre - endgültige Stagnation; 12. Die erste Hälfte der achtziger Jahre; 13. Kulturpolitik unter Andropov - Bedeutungsverlust der kulturpolitischen Vorgaben; 14. Die Militarisierung der Kultur unter Cernenko; 15. Von der Perestrojka unter Gorbacev bis zum Zerfall der künstlerischen Verbände.
Markus Kaim (MK)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Forschungsgruppe "Sicherheitspolitik", Stiftung Wissenschaft und Politik, Deutsches Institut für Internationale Politik und Sicherheit, Berlin.
Rubrizierung: 2.62 | 2.263
Empfohlene Zitierweise: Markus Kaim, Rezension zu: Karen Laß: Vom Tauwetter zur Perestrojka. Köln/Weimar/Wien: 2002, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/16913-vom-tauwetter-zur-perestrojka_19430, veröffentlicht am 01.01.2006.
Buch-Nr.: 19430
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Dr., wiss. Mitarbeiter, Forschungsgruppe "Sicherheitspolitik", Stiftung Wissenschaft und Politik, Deutsches Institut für Internationale Politik und Sicherheit, Berlin.
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