/ 13.08.2015
Martin Eichler
Von der Vernunft zum Wert. Die Grundlagen der ökonomischen Theorie von Karl Marx
Bielefeld: transcript Verlag 2015 (Edition Moderne Postmoderne); 214 S.; kart., 29,99 €; ISBN 978-3-8376-2803-6Diss. Leipzig; Begutachtung: P. Stekeler‑Weithofer. – In der Tradition der Neuen Marx‑Lektüre stehend, arbeitet Martin Eichler in einer detailreichen, chronologischen Analyse der Schriften den spezifischen Erkenntnisansatz heraus, mit dem Marx den Gegenstandsbereich der Politischen Ökonomie zu erfassen versuchte. Eichler argumentiert zunächst, dass das Wissen über den ökonomischen Gegenstandsbereich nie umfassend und letztgültig sein kann, was etwa auch die Prognose ökonomischer Entwicklungen – geschweige denn eines Zusammenbruchs des Kapitalismus – schwierig, wenn nicht gar unmöglich macht. Dass Marx selbst sich dieser Notwendigkeit zur Explikation der eigenen Perspektive – oder des „subjektiven [...] Prinzips“ (31) – durchaus von Beginn an bewusst war, lässt sich bereits in seiner Dissertation erkennen. Darauf basierend legt Eichler ausführlich dar, wie Marx im Laufe der Jahre sein begriffliches und methodisches Instrumentarium entwickelte und welche Erkenntnisse er damit zu gewinnen suchte. Im Zentrum steht insbesondere der Wertbegriff, wobei sich hier auch die beiden (sich ergänzenden) Zugriffe von Marx auf den Gegenstandsbereich der Ökonomie veranschaulichen lassen: Marx ging es zum einen um die Entwicklung einer klassischen ökonomischen Theorie (Herausarbeitung der Wertsubstanz), zum anderen um eine Theorie und Kritik der ökonomischen Formen (Herausarbeitung unterschiedlicher Wertformen). Unter anderem an dieser Stelle wird auch die immer noch vorhandene Schlagkraft der Marx‘schen Theorie deutlich, ist es doch gerade die klare Definition des Wertbegriffs, mit dem sich die gegenwärtig dominanten Wirtschaftstheorien am schwersten tun. Deutlich wird in der weiteren Analyse auch, wie Marx selbst durchweg bemüht war, ökonomische Prozesse nicht als unabänderliche Naturgesetzlichkeiten darzustellen. Vielmehr verwies er an mehreren Stellen auf die Unterscheidung zwischen dem Wesen einer Sache und deren Erscheinung – erst im Zusammenspiel beider Aspekte lässt sich einerseits die menschliche Praxis als Triebkraft gesellschaftlicher Entwicklung erkennen, während solche Praxen andererseits oftmals den Anschein von ökonomischen Gesetzmäßigkeiten entwickeln. Insgesamt legt Eichler ein spannendes – selbst für Marx‑Einsteiger verständliches – Buch vor, das nicht nur einen konstruktiven Beitrag zur neomarxistischen Theorie liefert, sondern darüber hinaus auch für die Disziplin der Politischen Ökonomie als Ganzes von Interesse ist.
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Rubrizierung: 5.33 | 5.45
Empfohlene Zitierweise: Björn Wagner, Rezension zu: Martin Eichler: Von der Vernunft zum Wert. Bielefeld: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/38750-von-der-vernunft-zum-wert_47237, veröffentlicht am 13.08.2015.
Buch-Nr.: 47237
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