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/ 30.01.2014
Ernesto Harder

Vordenker der "ethischen Revolution". Willi Eichler und das Godesberger Programm der SPD

Bonn: Verlag J. H. W. Dietz Nachfolger 2013 (Archiv der sozialen Demokratie der Friedrich-Ebert-Stiftung. Reihe: Politik- und Gesellschaftsgeschichte 95); 227 S.; 32,- €; ISBN 978-3-8012-4217-6
Diss. Bonn; Begutachtung: M. Schneider, T. Mayer. – Seit dem Godesberger Programm versteht sich die SPD als Volkspartei und bekennt sich zur sozialen Marktwirtschaft. Obwohl das Programm als Wegbereiter der deutschen Sozialdemokratie in der Nachkriegszeit gilt und vielen auch als solches bekannt ist – einer seiner zentralen Autoren, Willi Eichler (1896‑1971), ist es nicht. Das frühere Mitglied der Kleinstorganisationen Internationaler Sozialistischer Kampf‑Bund (ISK) sowie seines Vorläufers Internationaler Jugendbund (IJB), denen die SPD noch Mitte der 1920er‑Jahre die Unvereinbarkeit mit den eigenen Ansichten bescheinigte, wurde später zum Cheftheoretiker der deutschen Sozialdemokratie und zum Vordenker ihres 1959 beschlossenen Grundsatzprogramms. Ausgehend von Eichlers politischen Standpunkten in frühen Jahren möchte Ernesto Harder in seiner Dissertation erklären, wie sich Eichler im Laufe seines Lebens verändert hat und inwieweit dadurch das Grundsatzprogramm der SPD beeinflusst wurde. Konkret fragt Harder, wie die „Philosophie des IJB/ISK und damit auch Eichlers Gesinnung mit dem Godesberger Programm vereinbar [ist], das die SPD von der Klassenpartei zur Volkspartei entwickelte“ (10). Um hierauf eine Antwort geben zu können, sichtete Harder zahlreiche Dokumente aus mehreren Archiven und führte Interviews mit Eichlers langjähriger Lebensgefährtin Susanne Miller. Wie Harder rekonstruieren kann, waren es zunächst existentielle Gründe, die den zuvor hermetisch‑ideologischen und nicht kooperativen ISK 1936 mit anderen Organisationen wie der Sozialistischen Konzentration zusammenarbeiten ließ. Ihr Ziel war es gegen den geschlossenen Block der Kommunisten in Erscheinung zu treten. „Für den ISK und Willi Eichler sind diese ersten Versuche der Kooperation als eine Öffnung gegenüber anderen sozialistischen Organisationen und insbesondere eine erste Annäherung an andere sozialistische Zwischengruppen und die Sozialdemokratie zu sehen.“ (79) Harder zeichnet Eichlers weiteren Weg nach und arbeitet anhand seiner persönlichen Biografie drei der wichtigsten Beiträge für die ethische Revolution der SPD durch das Godesberger Programm heraus: die Zusammenarbeit mit den Kirchen, die Aufgabe geschichtsdeterminierender Annahmen durch das Bekenntnis zur sozialen Marktwirtschaft sowie zur innerparteilichen und gesamtgesellschaftlichen Demokratie.
Ines Weber (IW)
M. A., Politikwissenschaftlerin (Kommunikationswissenschaftlerin, Psychologin), wiss. Mitarbeiterin, Institut für Sozialwissenschaften, Christian-Albrechts-Universität Kiel.
Rubrizierung: 2.32.312.331 Empfohlene Zitierweise: Ines Weber, Rezension zu: Ernesto Harder: Vordenker der "ethischen Revolution" Bonn: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/36667-vordenker-der-ethischen-revolution_44736, veröffentlicht am 30.01.2014. Buch-Nr.: 44736 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
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