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/ 18.06.2013
Torsten Diedrich

Waffen gegen das Volk. Der 17. Juni 1953 in der DDR. Hrsg. vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt

München: Oldenbourg Wissenschaftsverlag 2003; XV, 261 S.; 19,80 €; ISBN 3-486-56735-7
Was waren die Ursachen und Auslöser des Volksaufstandes am 17. Juni 1953? Diedrich, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Militärgeschichtlichen Forschungsamt in Potsdam und schon 1991 Autor eines Buches zu diesem Thema, stellt in seiner Analyse die militärhistorischen und sicherheitspolitischen Aspekte in den Vordergrund. Ihm gelingt damit eine schlüssige Erklärung: Die Sowjetunion hatte die SED-Führung 1952 angewiesen, die DDR aufzurüsten und die Gesellschaft zu militarisieren. Die Aufrüstung verursachte nicht nur eine einseitige Entwicklung der Industrie, sie wurde auch auf Kosten des Konsums vollzogen. Die Versorgungslage der Bevölkerung verschlechterte sich, einige Gruppen wurden von den Lebensmittelkarten sogar ausgenommen. Verschärft wurde die Situation durch Produktionsrückgänge, die durch die Drangsalierung der privaten Unternehmer und die Kollektivierung der Landwirtschaft entstanden. Die wachsende soziale Unzufriedenheit sollte nach Stalins Tod wiederum auf Moskauer Anweisung durch einen politischen Kurswechsel abgeschwächt werden. Allerdings wurden die Arbeitsvorgaben der Arbeiter nicht ausreichend geändert, da eine Entwicklung der Wirtschaft praktisch nur über eine höhere Arbeitsproduktivität möglich war. Diese als unangemessen empfundenen Leistungsanforderungen waren dann die Auslöser der Proteste, die Ende 1952 begannen und vereinzelt bis Juli 1953 andauerten. Der Autor stellt nicht nur die Ursachen des Volksaufstandes sehr differenziert dar, wobei er auch die Rolle der Westmedien beleuchtet, sondern schildert auch, dass sich viele DDR-Bürger als solche verstanden und sich nicht an den Protesten beteiligten. Aus dem Inhalt: I. Der Weg in die Krise: Der Aufbau der Kasernierten Volkspolizei und die Militarisierung der DDR. II. Der Aufstand: Das ganze Land im Aufstandsfieber? Die Massenerhebung im mitteldeutschen Industriegebiet. III. Der 17. Juni 1953 - Erfahrungsgeschichte und Rezeption: Die sowjetische Strategie der massiven Einschüchterung; Machtlose Volkspolizei und versagende Staatssicherheit; Hat die KVP als Machtorgan der SED versagt? Mobilmachung einer „Arbeiterregierung" gegen ihr Volk.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.314 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Torsten Diedrich: Waffen gegen das Volk. München: 2003, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/19071-waffen-gegen-das-volk_22149, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 22149 Rezension drucken
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