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/ 21.06.2013
Jan Roß

Was bleibt von uns? Das Ende der westlichen Weltherrschaft

Berlin: Rowohlt 2008; 223 S.; geb., 17,90 €; ISBN 978-3-87134-596-8
Der außenpolitische Redakteur der Wochenzeitung „Die Zeit“ zeichnet die Hybris des Westens, seine Selbstüberschätzung und schließlich das Scheitern seiner Ideologie nach. Ross tut dies als Journalist – das heißt, er beschreibt, polemisiert gelegentlich, aber er ist weit von der weltgeschichtlichen Synthese entfernt, den der Spengler'sche Untertitel seines Buches vermuten ließe. Im ersten Kapitel denkt der Autor zunächst über das erstarkende China und die schiere Masse an Menschen nach, die Europas Bedeutung schwinden lassen (Europa und die USA werden durchweg zumeist in einem Atemzug genannt). Mit dem zweiten Kapitel will er erklären, wie der Westen wurde, was er ist. Er beginnt im antiken Griechenland, kommt aber kaum über das orientalische Konstantinopel hinaus, wo er sich im Ringen der Religionen verzettelt. Hier wird der freigiebige Technologietransfer des Westens für dessen Niedergang verantwortlich gemacht. Anschließend wird das Scheitern des Neokonservatismus und seines Imperialismus nachgezeichnet. Demnach hat sich der Westen durch eigenen Größenwahn seiner moralischen Vormachtstellung beraubt. Im Abschlusskapitel klingen schließlich die Schattenseiten des Drachens aus dem Osten an: Missachtung der Menschenrechte und ein Kolonialismus neuen Stils. Zugleich wird überraschend die komplette Argumentation des Buches zurückgenommen und die Moralität des Westens beschworen: „Irgendwo zwischen Washington und Rom liegt noch immer ein Gravitationszentrum der Humanität, und seine Kraft hat nicht zu wirken aufgehört. “ (214) Neben dieser offensichtlichen Irreführung ist noch eine zweite Kritik angebracht: Roß zieht die Geschichte des Abendlandes seit der Schlacht an den Thermopylen heran, um die Entwicklung des Westens nachzuzeichnen. Dieses weite Panorama ist künstlich, denn im seinem Kern erzählt das Buch allein vom Scheitern des neuen Imperialismus nach dem Ende des Sozialismus.
Stefan Militzer (SM)
Dr., Publizist, Frankfurt a. M.
Rubrizierung: 4.14.432.22.23 Empfohlene Zitierweise: Stefan Militzer, Rezension zu: Jan Roß: Was bleibt von uns? Berlin: 2008, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/28814-was-bleibt-von-uns_33993, veröffentlicht am 24.04.2008. Buch-Nr.: 33993 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
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