/ 03.06.2013
Andrea Kaiser
Was erreicht die deutsche Drogenpolitik? Eine ökonomische Analyse des illegalen Drogenmarktes
Marburg: Metropolis-Verlag 1996 (Hochschulschriften 27); 417 S.; 68,- DM; ISBN 3-89518-117-XDiss. Fakultät Geschichts-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften Stuttgart; Erstgutachter: S. F. Franke. - Um Zielsetzung, Zweckmäßigkeit und Erfolg der bundesdeutschen Drogenpolitik wird seit mehreren Jahren kontrovers diskutiert. Da gleichzeitig der Konsum illegaler Drogen seit Anfang der siebziger Jahre beständig zunimmt, bezieht die Autorin zunächst dezidiert Stellung. Ihre These lautet, daß die prohibitive Strategie der deutschen Drogenpolitik ihr Ziel verfehle und teilweise kontraproduktiv auf den Drogenmarkt und die Konsumenten wirke. "Weder Drogennachfrage noch Drogenangebot konnten reduziert werden, obwohl genau dies das erklärte Ziel der Politik ist." (293) Um diese These zu belegen, untersucht sie primär die Marktstrukturen des illegalen Drogenmarktes. Ergänzt wird die Argumentation von einem umfassenden Anhang, der nationale und internationale Daten zur Drogenpolitik umfaßt.
Als Ergebnis legt Kaiser nahe, die bisherige rechtliche und politische Gleichbehandlung aller illegalen Drogen aufzubrechen und durch eine am tatsächlichen Gefahrenpotential orientierte Praxis zu ersetzen. Im Bereich der mindergefährlichen Drogen kann dies eine Liberalisierung gegenüber der bisherigen Praxis bedeuten. Andererseits "ist eine Verschärfung der Prohibition und der Strafmaßnahmen im Bereich der als gefährlich erkannten Drogen empfehlenswert. Die Abschreckungswirkung muß drastisch erhöht werden." (308)
In seiner Doppeldeutigkeit ist dies ein in mehrfacher Hinsicht überraschendes Ergebnis, mit dem sich die Autorin zwischen die feststehenden Fronten in der bisherigen drogenpolitischen Diskussion wagt. Nachdem sie jedoch zuvor die Auswirkung der Strafverfolgung als eindeutig "kontraproduktiv" (291) beschreibt, wird nicht plausibel, warum eine Verschärfung der Prohibitionspraxis im Umgang mit den besonders gefährlichen Drogen das Problem zu lösen vermag. In diesem Zusammenhang fällt auf, daß genau hier ein Bruch durch die Argumentation verläuft. Nachdem die Analyse auf die ökonomische Dimension des Drogenmarktes und -verbotes abhebt, stehen in den Schlußfolgerungen plötzlich pharmakologische Kriterien im Mittelpunkt. Hätte die Autorin ihre ökonomisch ausgerichtete Argumentation bis in die Schlußfolgerungen durchgehalten, müßten ihre Empfehlungen anders lauten.
Christoph Emminghaus (cem)
Dr., Politikwissenschaftler.
Rubrizierung: 2.343
Empfohlene Zitierweise: Christoph Emminghaus, Rezension zu: Andrea Kaiser: Was erreicht die deutsche Drogenpolitik? Marburg: 1996, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/2636-was-erreicht-die-deutsche-drogenpolitik_3457, veröffentlicht am 01.01.2006.
Buch-Nr.: 3457
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Dr., Politikwissenschaftler.
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