/ 11.06.2015
Veronika Wittmann
Weltgesellschaft. Rekonstruktion eines wissenschaftlichen Diskurses
Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2014 (Studien zur Politischen Soziologie 27); 371 S.; brosch., 69,- €; ISBN 978-3-8487-1412-4Soziolog. Habilitationsschrift Linz; Begutachtung: F. Nuscheler, R. Ardelt, J. Bacher. – Die Autorin versteht ihre Monografie als ein Plädoyer für „ein globales Haus der Soziologie“ (350), also für eine radikale Verabschiedung von Begriffen und Methoden, die implizit oder explizit an einem nationalstaatlichen Referenzrahmen ausgerichtet sind. Dass die Soziologie als Disziplin dem globalisierungsbedingten Desiderat, „Gesellschaft in den erweiterten Horizont der Weltgesellschaft neu zu verorten“ (62), bisher nur zögerlich nachkommt, ist eine durchgängige These Veronika Wittmanns, auch wenn sie hier teilweise zu gegenläufigen Einschätzungen kommt. Ihr konzeptioneller Ansatz beruht auf einer Rekonstruktion von wissenschaftlichen Diskursen zur Weltgesellschaft primär aus dem deutschsprachigen und angelsächsischen Raum; dabei geht es ihr – gleichsam aus der Innenansicht der Diskurse – um die Herausarbeitung begrifflicher beziehungsweise theoretischer Gemeinsamkeiten und Differenzen. Der Diskursrekonstruktion vorgeschaltet ist eine Darstellung unterschiedlicher Verwendungen des Gesellschaftsbegriffs in aktuellen sozialwissenschaftlichen Debatten. Zwar wird dabei die hohe Heterogenität begrifflicher Entscheidungen deutlich, aber dies gelingt nicht ohne etliche Überschneidungen mit dem einleitenden Kapitel zur soziologischen Relevanz der Fragestellung. Der eigentliche Ertrag der Studie beruht auf der detaillierten Analyse der drei herangezogenen theoretischen Perspektiven: der Systemtheorie (primär Arbeiten von Luhmann und Stichweh), dem kosmopolitischen Ansatz von Ulrich Beck und der vor allem von John Meyer vertretenen World Polity Forschung. Die Leistung besteht in erster Linie in der vergleichenden Diskussion der Referenzperspektiven anhand übergreifender Leitfragen zur Konzeption von Weltgesellschaft, Stichworte sind unter anderem: Singularität/Pluralität; mikro‑ oder makrosoziologische Fundierung; normativer oder analytischer Status; Rolle des Nationalstaates; Stellenwert von Kultur und sozialer Inhomogenität.
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Rubrizierung: 4.1 | 5.42 | 2.2 Empfohlene Zitierweise: Thomas Mirbach, Rezension zu: Veronika Wittmann: Weltgesellschaft. Baden-Baden: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/38507-weltgesellschaft_46350, veröffentlicht am 11.06.2015. Buch-Nr.: 46350 Inhaltsverzeichnis Rezension druckenCC-BY-NC-SA