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/ 22.06.2013
Wolfgang Schröder

Wilhelm Liebknecht. Soldat der Revolution, Parteiführer, Parlamentarier. Ein Fragment. Hrsg. von Renate Derßler-Schröder und Klaus Kinner

Berlin: Karl Dietz Verlag 2013 (Geschichte des Kommunismus und Linkssozialismus 18); 478 S.; geb., 34,90 €; ISBN 978-3-320-02289-1
Pünktlich zum 150. Geburtstag der SPD erscheint ein Buch zu einem der wichtigsten Mitbegründer der Sozialdemokratie, dessen Schicksal es ist, sowohl in der öffentlichen Wahrnehmung als auch in der historischen Forschung stets etwas im Schatten August Bebels zu stehen. Dabei ist Wilhelm Liebknechts Leben ein Beleg für den gewaltigen sozialen Wandel, der Deutschland in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ereilte: von einer im Wesentlichen agrarischen, ständisch‑kleinstaatlich geprägten Gesellschaft hin zum nationalen Industriestaat mit Anspruch auf „Weltgeltung“. In Liebknechts Biografie spiegelt sich dies wider: Er wird 1826 in eine bürgerliche Beamtenfamilie in Gießen hineingeboren. Die Eltern sterben früh, und Wilhelm kommt bei Freunden der Familie unter. 1841 wird er an der Universität seiner Heimatstadt immatrikuliert, der damals keine 500 Studenten angehören. Als Student gerät er im Laufe des Vormärz in Konflikt mit den hessischen Behörden und muss 1847 aus politischen Gründen nach Zürich emigrieren. 1848/49 beteiligt sich Liebknecht an der Revolution in Baden. Die Niederschlagung der Revolution führt ihn über Genf nach London in ein zweites Exil; dort tritt er dem Bund der Kommunisten bei und hat engen Kontakt zu Marx und Engels. 1862 kehrt Liebknecht amnestiert nach Deutschland zurück, wo er sich 1863 dem Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein (ADAV) anschließt, aus dem er 1865 wieder ausgeschlossen wird. Er zieht nach Leipzig und gründet mit Bebel 1866 die Sächsische Volkspartei, für die er ein Mandat im Reichstag des Norddeutschen Bundes erringt. In der Folge wird Liebknecht auf dem Weg über SDAP („die Eisenacher“) und SAP zu einem führenden Politiker der SPD. In seinem letzten Lebensjahrzehnt erreicht er – nach dem Ende des Sozialistengesetzes – als Chefredakteur des „Vorwärts“ und als Reichstagsabgeordneter den Höhepunkt seiner politischen Karriere. Am 7. August 1900 stirbt Liebknecht in Berlin. Mit Wolfgang Schröder hat sich ein hervorragender Kenner der sächsischen Regionalgeschichte dieser Biografie angenommen. Leider konnte er das Werk nicht mehr selbst beenden, er verstarb im November 2010. Das von der Witwe Schröders und Klaus Kinner auf der Grundlage von Manuskripten und Entwürfen herausgegebene Buch ist aber viel weniger Fragment, als es der Untertitel ausdrückt – es ist eine umfassende und materialreiche Biografie des großen Sozialdemokraten.
Sebastian Lasch (LA)
M. A., wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Universität Jena.
Rubrizierung: 2.32.311 Empfohlene Zitierweise: Sebastian Lasch, Rezension zu: Wolfgang Schröder: Wilhelm Liebknecht. Berlin: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/35723-wilhelm-liebknecht_43187, veröffentlicht am 19.06.2013. Buch-Nr.: 43187 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
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