/ 04.06.2013
Roland Hahn
Wilhelm Röpke
Sankt Augustin: Academia Verlag 1997 (Denker der Freiheit 2); 56 S.; 14,- DM; ISBN 3-89665-020-3Hahn erinnert mit Röpke an einen jener heute vergessenen Denker, die am Bau der geistigen, wirtschaftlichen und politischen Fundamente des Westdeutschlands der Nachkriegsära maßgeblich beteiligt waren. Röpke wird dabei in die Ahnengalerie des Liberalismus gestellt, was gewiß insofern zu Recht geschieht, als er nicht nur aus einem liberalen Selbstverständnis heraus dachte, sondern auch die Freiheit des Individuums gegen die zerstörerischen Folgen des Kollektivismus in Stellung brachte und vor diesem Hintergrund deutlich vor den Gefahren einer maßlosen Sozialpolitik warnte. Diese Warnungen jedoch orientierten sich nicht nur an liberalen Vorstellungen, sondern hatten einen weiteren Ausgangspunkt in einem bei Röpke tief ausgeprägten Unbehagen an der Moderne. Dies führte zu einem rückwärtsgewandten Blick, der in einer Art "Small is beautyful-Ideologie" resultierte: Den zerstörerischen Konsequenzen der Moderne, die Röpke konstatierte, wollte er mit an naturrechtlichen Ideen orientierten Konzepten begegnen. So gelangte er zur Kritik der Großstadt und zum Lob der Subsidiarität, deren Zentrum die gesunde Familie darstelle. Vor diesem Hintergrund wird man Röpke nicht nur als Liberalen, sondern auch als zivilisationskritischen Sozialromantiker verorten müssen, was Hahn deutlich herausstreicht. Hahns Erinnerung an Röpke als einem liberalen Denker hat gleichwohl ihren guten Sinn, vermag sie doch deutlich zu machen, daß sich liberales Denken nicht in Wirtschaftsliberalismus und Sozialstaatskritik erschöpfen muß, sondern die Befürwortung des freien Marktes mit einer breiteren Konzeption gesellschaftlicher Ordnung verknüpft werden kann, die sich der Tatsache bewußt bleibt, daß der Mensch nicht nur Individuum, sondern Kulturwesen ist. Ob das Werk Röpkes über solche Anstöße hinaus heute noch Impulse zu geben vermag, scheint angesichts der Rückwärtsgewandtheit vieler der konkreten Ordnungsvorstellungen dieses Denkers allerdings fraglich.
Michael Henkel (MH)
Priv.-Doz. DR., Institut für Politikwissenschaft, Universität Jena.
Rubrizierung: 5.46 | 2.23 | 2.262
Empfohlene Zitierweise: Michael Henkel, Rezension zu: Roland Hahn: Wilhelm Röpke Sankt Augustin: 1997, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/4341-wilhelm-roepke_6115, veröffentlicht am 01.01.2006.
Buch-Nr.: 6115
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Priv.-Doz. DR., Institut für Politikwissenschaft, Universität Jena.
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