/ 07.08.2014
Walter Janka
Zu Kreuze kriechen kann ich nicht! Erinnerungen und Lebenszeugnisse. Hrsg. von Heike Schneider
Berlin: Verlag für Berlin-Brandenburg 2014; 172 S.; 19,99 €; ISBN 978-3-942476-94-2Der auf die Französische Revolution gemünzte Ausspruch „Die Revolution ist wie Saturn, sie frisst ihre eigenen Kinder“ passt auch auf Walter Janka – machte er doch in der frühen DDR Karriere und wurde Leiter des Aufbau‑Verlages, bevor er unter dem Vorwurf der konterrevolutionären Verschwörung inhaftiert wurde. Diese Ambivalenz seiner Lebensstationen macht ihn – der zuvor von den Nationalsozialisten erst in ein KZ inhaftiert und dann als Staatenloser abgeschoben worden und dem die Flucht nach Mexiko gelungen war – zu einem der Protagonisten der jüngeren deutschen Geschichte. „‚Ich weiß nicht, ob ich mich als Opfer empfinden soll, ich würde eher sagen, ich bin immer ein Kritiker der jeweiligen Verhältnisse gewesen‘“ (12), wird er zitiert. Nun wird, anlässlich des 100. Geburtstag des 1994 Verstorbenen, noch einmal an ihn erinnert: „Das vorliegende Buch soll der Familie, besonders unseren Kindern und Enkelkindern, Freunden sowie politisch und historisch interessierten Lesern das exemplarische Schicksal unsere Vaters nahe bringen“ (7 f.), schreiben seine Kinder im Vorwort. In Ergänzung zu dessen autobiografischen Schriften hat die Journalistin Heike Schneider kurze Texte (die teilweise bereits anderenorts erschienen sind) zusammengestellt, in denen sich Weggefährten und Menschen, die Janka auch nur kurz begegnet sind, an ihn erinnern. Zu den Autoren zählen unter anderem der ehemalige stellvertretende Cheflektor des Aufbau‑Verlages und Journalist Fritz J. Raddatz und der Verleger Christoph Links, abgedruckt ist auch die Trauerrede des Schriftstellers Günter Kunert. In ihrer Einordnung Jankas greift die Herausgeberin zwar mit dem Vergleich mit „so große[n] und rare[n] Vorbilder[n] wie Rosa Luxemburg, Gandhi oder Nelson Mandela“ (45) gewaltig zu hoch beziehungsweise daneben. Aber mit einem Zitat Jankas bringt sie dessen Grundeinstellung gut auf den Punkt: „‚Der Sozialismus ist nicht an seiner Idee gescheitert, sondern an seinen miesen Verwaltern.“ (49) Angesichts der von Janka am eigenen Leib erfahrenen Unmenschlichkeit des sozialistischen Systems kann man sich über die wirklichkeitsferne Unterscheidung zwischen Theorie und Praxis nur wundern – diesen Eindruck mildern auch die vielen ihn würdigenden Texte nicht.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.314 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Walter Janka: Zu Kreuze kriechen kann ich nicht! Berlin: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/37373-zu-kreuze-kriechen-kann-ich-nicht_45275, veröffentlicht am 07.08.2014. Buch-Nr.: 45275 Inhaltsverzeichnis Rezension druckenDipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
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